An(ge)dacht Herbert Ullmann Erinnerung an die "Himmelsstürmerin"

Mettmann · Als ich Ende der 1970-er Jahre das Studium in Bonn aufnahm, war an der einen oder anderen Kirchenfassade, als Graffito gesprayt, zu lesen: "Gott ist tot, jetzt leben wir!" Ein Aufschrei, Gott -falls es ihn denn überhaupt gibt - sei ein Feind des Lebens. Mich hat dieser Satz damals schon sehr herausgefordert.

Als ob sie vorauseilend eine Antwort versuchen wollte, hat es vor über 500 Jahren eine leidenschaftliche Gottsucherin und großartige Heilige ins Wort gebracht: "Solo Dios basta!" Oft übersetzt mit: "Gott allein genügt", was aber schon wieder missverständlich ist. Besser: "Nur Gott genügt wirklich", um die vielen menschlichen, ungestillten Sehnsüchte zu füllen.

Der Mensch ist einfach so groß gedacht und gemacht, dass ihm nur Gott genügen kann. Wer das gesagt und aufgeschrieben hat ist die spanische Ordensfrau, Klostergründerin, Mystikerin und Kirchenlehrerin Theresa von Avila.

Die sehr kluge, weitgereiste, bodenständige und dabei auch sehr bescheidene Karmelitin war zeitlebens auf der Suche nach dem lebendigen Gott. Sie findet ihn im Gebet. Sie nennt es "inneres Beten". Sie erfährt, wie sehr sie von Gott geliebt ist, wie vertraut sie mit ihm umgehen kann. Sie spürt aber auch, dass die Jagd nach Konsum und rein materiellen Gütern die Stille der Betrachtung und des "Verweilens bei einem Freund" zerschlagen kann.

Sie, die Ordensfrau, die immer etwas zu tun und zu organisieren haben muss, kennt die starken Kräfte die ihr den Zugang zu Gott, dem Freund des Lebens, verbauen wollen. In ihren Visionen, die alles andere sind als krankhafte Einbildung, sieht sie den leidenden Christus, den Schmerzensmann.

Es sind eine Art Wachträume, die sie das Wunderschöne des Himmels sehen lässt und gleichzeitig die Abgründe, in die Menschen immer wieder sich und Andere zu stürzen drohen. Sie will das Vollkommene suchen und tun! Einige hundert Briefe sind noch von ihr erhalten.

Sie lassen die "ruhelose Herumtreiberin Gottes", so ein Zeitgenosse über sie, als im Glauben reich beschenkte "Himmelsstürmerin" erscheinen.

Sie ist voller Leidenschaft und streitbar wenn es um Gott geht, der die Liebe ist. Voller Verständnis und seelsorglicher Feinfühligkeit ist sie, wenn es um den Menschen und seine Suche nach dem geht, was bleibt und aus den Niederungen des Alltags heraus hebt: Das kleine Stück Glück und Zufriedenheit, DER GROSSE im ganz Kleinen!

1582 stirbt Theresa von Avila. Morgen ist ihr Todestag. Jahrhunderte später noch werden ihre Gebete, Gedanken eine "Schule der Suche nach dem Allerhöchsten", denn "Solo Dios basta", Nur Gott genügt wirklich.

MSGR. HERBERT ULLMANN, PFARRER DER KATHOLISCHEN PFARRGEMEINDE METTMANN

(RP)
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