Kreis Mettmann Billiges Geld sorgt für Boom bei Immobilien

Kreis Mettmann · Die Immobilienkredite im Kreis Mettmann steigen 2017 laut einer Studie auf 1,1 Milliarden Euro. Der Grund sind immer mehr Menschen, die bei niedrigen Zinsen Häuser und Grundstücke kaufen. Doch Experten warnen vor zu geringem Eigenkapital.

 Der Immobilien-Boom ist auch im Kreis Mettmann zu beobachten.

Der Immobilien-Boom ist auch im Kreis Mettmann zu beobachten.

Foto: Ralph Matzerath

Laut Forschungsinstitut GEWOS leihen sich die Bürger im Kreis Mettmann im kommenden Jahr gut 1,1 Milliarden Euro, um Häuser zu bauen, kaufen oder renovieren. Das sind immerhin 26 Prozent mehr als vor drei Jahren, heißt es in der Untersuchung.

Obendrauf kommt noch das eingesetzte Eigenkapital. Kaum verwunderlich, sind doch die Hypothekenzinsen so günstig wie nie, billiges Baugeld gibt es an jeder Ecke.

Aber ganz so einfach ist es nicht, sagt Björn Pätzold von der Landesbausparkasse im Kreis Mettmann. Dafür sorge nicht zuletzt die neue Wohnimmobilien-Kreditrichtlinie der Europäischen Union. Sie soll eigentlich den Verbraucher vor den Folgen wieder steigender Zinsen absichern. Vor jeder Finanzierung muss ein Kreditinstitut die sogenannte "Kapitaldienstprüfung" durchführen. Damit soll sichergestellt werden, dass der Immobilienbesitzer die monatliche Belastung auch nach Auslauf der Zinsbindung und möglichem Zinsanstieg dauerhaft tragen kann. Das kann in der Praxis dazu führen, dass gerade junge Familien sich das Eigenheim noch später als in Deutschland ohnehin schon üblich leisten können, sagt Pätzold. Ältere Menschen wiederum können im Zweifelsfall den barrierearmen Umbau ihrer eigenen vier Wände nur mit Zustimmung der Erben finanzieren, gibt der Fachmann zu bedenken.

Also aus der Traum vom Wohneigentum? "Nicht, wenn man frühzeitig gespart hat und zudem bei der Finanzierung eine möglichst lange Zinsbindung wählt", sagt Pätzold.

Niedrige Zinsen und entsprechend niedrige monatlich Raten hätten in der Vergangenheit dazu verlockt, das Eigenkapital zu vernachlässigen. Die EU-Richtlinie macht auf das Risiko aufmerksam, das damit verbunden ist. "Wer sich Geld für seine Traumimmobilie leihen will, muss auch welches mitbringen!", stellt Pätzold klar. 20, eher 25 Prozent Eigenkapital seien nötig und senkten den Finanzierungsbedarf und damit die monatliche Rate.

Das wiederum erleichtere die Kapitaldienstprüfung erheblich, weiß Pätzold. Er rät zudem dazu, jede mögliche staatliche Förderung wie die Wohnungsbauprämie, Arbeitnehmerförderung sowie die Wohn-Riester-Zulagen in Anspruch zu nehmen. So könne der Ansparprozess trotz niedriger Guthabenzinsen doch erheblich beschleunigt werden.

Diese Quoten seien aus Sicherheitsgründen für Bank und Kunde wichtig. Der Hintergrund: Immer mehr Menschen im Kreis bauen oder kaufen Häuser und Wohnungen. Im Jahr 2015 erwarben sie Grundstücke und Immobilien im Wert von mehr als 869 Millionen Euro. Schon der Gutachterausschuss des Kreises zeigte das im Frühjahr. Lediglich beim (Ver-)kauf von Mehrfamilienhäusern stagniert der Markt, hieß es jüngst im Bericht der Bezirksregierung. Niedrige Zinsen und steigende Mieten auf dem Wohnungsmarkt ließen 2015 mehr Menschen im Kreis Häusle- oder Wohnungsbesitzer werden.

Käufe 3741 Kaufverträge im Kreis in 2015 bedeuten satte 18 Prozent mehr als im Vorjahr. Mit kleinen Zwischentiefs steigt die Zahl seit sieben Jahren. Vor allem in Langenfeld, Hilden und Mettmann legen die Zahlen zu, in Wülfrath stagniert's.

Umsatz Für 869,3 Millionen Euro wurden Grundstücke, Häuser und Wohnungen gekauft: plus 12 Prozent. Nach Schätzungen von GEWOS klettert sie Summe im nächsten Jahr über die Milliarden-Grenze.

Flächen 244 Hektar bedeuteten 2015 rund 14 Prozent weniger Flächenumsatz. Der Grund: Bei steigenden Preisen und höherem Qualitätsanspruch der Käufer werden die Größen kleiner. Zudem stehen im dicht besiedeltsten Kreis Deutschlands immer weniger Flächen für Neubauten zur Verfügung.

Unbebaute Grundstücke 20 Prozent mehr Käufe, sieben Prozent mehr Geldumsatz. Die Preise steigen vor allem im Süd-Kreis, mehr als die Hälfte des gesamten Umsatzes entfallen auf Langenfeld und Hilden. Erkrath ist mit vier Prozent das Schlusslicht. Hilden liegt bei den Preisen in NRW weiter unter den Top Ten. Mit 430 Euro pro qm bewegt man sich in der Liga von Aachen, Meerbusch und Dortmund.

Häuser plus Grundstück 8,5 Prozent legte der Geldumsatz zu, die Fläche (11Prozent) und die Zahl der Käufe (14,5 Prozent) stiegen an. Bei 557 Millionen Euro Umsatz waren Langenfeld (142), Hilden (99), Mettmann (73), Monheim (61) Spitze. Bei 85 Prozent der Kaufverträge ging es um Ein- oder Zweifamilienhäuser. Neue Doppelhaushälften und Reihenhäuser kosten im Schnitt 378.000 Euro (plus 9 Prozent). Doppelhäuser liegen im Trend.

Eigentumswohnungen Die Zahl der Käufe legte bei einem Umsatz von 249 Millionen Euro um 20 Prozent zu. Hilden (19), Erkrath (16) und Mettmann (15) sind Spitzenreiter. Der Quadratmeterpreis variiert um 2570 Euro. Hilden, Langenfeld, Mettmann und Ratingen liegen mit ihren Durchschnittsquadratmeterpreisen nur wenig unter Köln. Dabei legten die Preise im Kreis 2015 um 9 Prozent zu.

(rei)
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