Mettmann Betreuungsvereine fordern mehr Geld

Mettmann · Bei einer Tagung katholischer Sozialdienste in Monheim ging es um Finanzierungslücken.

 Elmar Borgmann (l.) vom SKFM Monheim und Angelika Fierus (2.v.l.) vom SkF Langenfeld besprachen mit Kollegen und Politikern die Problematik.

Elmar Borgmann (l.) vom SKFM Monheim und Angelika Fierus (2.v.l.) vom SkF Langenfeld besprachen mit Kollegen und Politikern die Problematik.

Foto: Rm-

"Wir sind da(nn mal weg)" - so lautete die zweideutige Botschaft von Betreuungsvereinen aus dem Kreis Mettmann bei einer Fachtagung. Vertreter der Caritas, des Sozialdienstes katholischer Frauen und Männer (SKFM) sowie einzelner Behinderten-Fachverbände beschäftigten sich im Pfarrer-Franz-Böhm-Haus mit drängenden Finanzierungslücken. Viele Vereine haben ihre Arbeit bereits einstellen müssen, Alternativen wären jedoch deutlich teurer. Das machten sie Politikern klar, die sie zu der Tagung eingeladen hatten.

Nicht jeder Mensch kann seine rechtlichen Angelegenheiten (noch) selbst regeln. Um Hilfsbedürftigen eine - so der Gesetzestext - "gleichberechtigte Teilhabe am Rechtsverkehr und damit am gesellschaftlichen Leben" zu ermöglichen, erhalten diese einen offiziell bestellten Betreuer. Dabei helfen die Verbände. Mal gelingt es, ehrenamtliche Betreuer zu finden, oftmals sind es auch Mitarbeiter dieses Verbandes.

Im Pfarrer-Franz-Böhm-Haus führte Prof. Dr. Rolf Jox von der Katholischen Hochschule mit einem Vortrag in die Problematik ein. Die Betreuungs-Arbeit wird vom Staat refinanziert, aber nur teilweise und pauschal. Diese seit 2005 unveränderten Beträge decken laut SKFM und Caritas nicht die Kosten, jedenfalls nicht bei den Verbänden, die neben ihrem eigenen Qualitätsanspruch noch den Zwängen des Tarifrechts ausgesetzt sind. Die Personalkosten der Verbände sind durch Tariferhöhungen in der Zeit um 15 Prozent gestiegen.

"Die Vergütung nach Vermögen des Betreuten und Zeitdauer der Betreuung ist das Problem", erklärte Gabriele Rothe vom SKFM Ratingen. Die Betreuung eines Klienten in den ersten Monaten könne von einem Hochschulabsolventen mit bis zu 44 Euro pro Stunde angesetzt werden, "arme" Problem- oder Altfälle brächten deutlich weniger.

Die finanziell interessanten Fälle würden gern von Menschen übernommen, die Betreuung als privates Geschäftsmodell entdeckt haben, und ohne großen Verwaltungsaufwand und Qualitätskontrolle betreiben. Oft landeten Problemfälle später als unrentabler Altfall doch noch bei einem Betreuungsverein. Verbänden obliege es, ehrenamtliche Betreuer zu finden und zu qualifizieren Angelika Fierus vom SKF Langenfeld ergänzt, dass die Betreuungen schwieriger werden. "Es gibt komplexere Krankheitsbilder, vermehrt psychisch Kranke, mehr Fortbildungsbedarf, juristische Zwänge." Nach Fierus' Worten müssten Betreuungsvereine, "um mit dem Geld auszukommen, mehr Fälle haben und gleichzeitig den Zeitaufwand pro Fall kürzen".

Rudolf Lohrum ist seit 38 Jahren ehrenamtlicher Betreuer beim SKFM Monheim, kümmert sich um drei Fälle. Seine Sorge ist, dass dem SKFM die Zeit fehlt, die Ehrenamtler zu beraten. "Ich erwarte Hilfe in schwierigen Fällen." Jens Geyer, SPD-Landtagsabgeordneter, äußerte in der Diskussion die Sorge, dass "der Staat die Leidensfähigkeit der Betreuungsvereine und Ehrenamtler bereits einkalkuliert hat". Deren Geduld könnte begrenzt sein. Wenn bundesweit 800 Betreuungsvereine die Arbeit einstellen, prognostizieren Fachleute bei 1 Million Betroffener zusätzliche Kosten von 1,5 Milliarden Euro durch den Einsatz freiberuflicher Betreuer.

(RP)
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