Mettmann Ali Kuran: Meine Heimat ist Mettmann

Mettmann · Der 67-Jährige sagt "Nationalität wird bei mir kleingeschrieben. Wir sind Europäer."

Als er gemeinsam mit den Eltern und Geschwistern in der Nähe von Ankara seine Koffer gepackt hat, war Ali Kuran 14 Jahre alt. Alt genug, um zu spüren, dass in der neuen Heimat Deutschland so manches anders ist als zuhause. Und jung genug, um nicht allzu lange unter Heimweh zu leiden. "Wir sind aus einer türkischen Großstadt in ein deutsches Dorf gezogen", erinnert sich der 67-jährige an das kleine Örtchen in Hessen, in dem die Kurans 20 Jahre lang gelebt haben.

Seit 1982 wohnt Ali Kuran in Mettmann und wenn man ihn heute nach Heimatgefühlen fragt, muss er nicht lange überlegen. "Meine Heimat ist Mettmann", lässt er keinen Zweifel daran zu, dass Herz und Seele hier angekommen sind. Mit seiner Frau wohnt er seit jeher an der Poststraße, die beiden erwachsenen Kinder sind längst aus dem Haus. Die Brüder wohnen in Köln und in Österreich - und so wundert man sich nicht, dass Ali Kuran sagt "Nationalität wird bei mir kleingeschrieben. Wir sind Europäer".

In den ersten Jahren habe es ihn schon gegeben, den Gedanken an eine mögliche Rückkehr. Aber irgendwann war er damit durch. In die Türkei fährt er nur noch hin und wieder in den Urlaub. In seinem Geburtsort kennt er niemanden mehr. "Ich kann doch nicht den Dorfvorsteher anrufen und fragen, wie das Wetter ist", findet er humorvolle Worte für die fehlenden Kontakte in die Heimat. Anfangs haben dort noch Verwandte gewohnt. Über die Jahre hinweg hat sich auch das verändert.

Als gerade mal Vierzehnjähriger war Ali Kuran damals noch jung genug, um 3000 Kilometer weit weg von Zuhause neue Wurzeln zu schlagen. Und er ist davon überzeugt, dass es immer dann gelingt, wenn man selbst etwas dafür tut. Schon in der hessischen Provinz hat er sich schnell mit den Jungs aus dem Dorf angefreundet. In Mettmann angekommen, saß er zwei Jahre später schon im Integrationsrat. Dort mischt er bis heute mit. Die SPD vertritt er zwischenzeitlich als erster Moslem in einem Fachausschuss des Stadtrats, momentan ist er sachkundiger Bürger im Sozialausschuss.

Dass ihm die momentane Lage vieler Flüchtlinge sehr nahe geht, versteht sich von selbst. Er kann sich gut einfühlen in die Seele derjenigen, die ihre Heimat hinter sich gelassen haben. Von Stammtischparolen und Panikmache hält er nichts. Stattdessen mahnt er zu Geduld und zum Vertrauen darauf, dass die Integration gelingen wird. "Einen Baum kann man biegen, wenn er jung ist", weiß Ali Kuran. Er macht sich keine Sorgen, dass sich vor allem junge Menschen hier zurechtfinden werden. Beispiel: Fußballspielen im Verein.

Allerdings erinnert er auch immer wieder daran, wie es ihm selbst gelungen ist, sich die neue Heimat quasi auf eigene Faust zu erobern. "Man darf sich in der Gesellschaft nicht ins Abseits stellen. Man muss sich engagieren", stellt er klar, dass man aktiv sein sollte, um in der Fremde neue Wurzeln schlagen zu können.

(magu)
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