Zugunglück in Meerbusch Regionalzug fuhr auf falschem Gleis

Meerbusch · Die Ermittlungen zur Ursache des Zugunglücks mit 50 Verletzten in Meerbusch-Osterath laufen auf Hochtouren. Sachverständige prüfen, ob Signale falsch gestellt oder übersehen wurden.

Meerbusch: So läuft die Bergung des verunglückten Zugs
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Verunglückter Zug in Meerbusch wird geborgen

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Menschliches Versagen hat wahrscheinlich das Zugunglück am Dienstagabend in Meerbusch verursacht. "Der Regionalzug hätte dieses Gleis nicht befahren dürfen", sagte Gerd Münnich von der ermittelnden Bundesstelle für Eisenbahn-Unfall-Untersuchungen unserer Redaktion. "Der Güterzug, auf den der Personenzug aufgefahren ist, hat auf jeden Fall rechtmäßig auf den Gleisen der Strecke gestanden", betonte Münnich. Es müsse nun geklärt werden, wieso der Regionalzug auf das falsche Gleis gefahren sei. "Wir haben deshalb die Fahrtenschreiber und Informationen aus den Stellwerken gesichert, die zur Aufklärung beitragen können." Dies sei keine Schuldzuweisung an den Lokführer, betonte Münnich.

Bei dem Unglück wurden nach Angaben der zuständigen Bundespolizei neun Menschen schwer und 41 leicht verletzt. Gegen 19.30 Uhr war der RE7 des "National Express" von Köln nach Krefeld auf einen stehenden Güterzug von DB Cargo aufgefahren, der dort auf die Weiterfahrt nach Rotterdam wartete. Durch den Zusammenstoß verkeilte sich der vordere Wagen des Personenzugs, die weiteren Waggons entgleisten oder standen weitgehend unbeschädigt auf den Schienen.

Signal falsch geschaltet?

Den bisherigen Ermittlungen zufolge hatte der Güterzug ordnungsgemäß gehalten und auf ein Signal zur Einfahrt in den Bahnhof Meerbusch-Osterath gewartet. "Das heißt, dass dieser Streckenabschnitt eigentlich für den nachfolgenden Verkehr gesperrt ist", so eine mit dem Fall vertraute Person. Die Sachverständigen prüfen nun, ob möglicherweise die Signale falsch geschaltet gewesen oder vom Zugführer übersehen worden sind.

Aus einem internen Protokoll der Fahrdienstleitung, das unserer Redaktion vorliegt, geht hervor, dass kurz vor dem Unglück um 19.27 Uhr für den Gleisabschnitt eine Erstmeldung über eine sogenannte Rotausleuchtung eingegangen ist. Das bedeutet, dass das Gleis besetzt ist und der Fahrdienstleiter eine sogenannte Räumungsprüfung machen muss. "Die Fahrdienstleitung ordnet dann normalerweise 'Fahren auf Sicht' an", so der Insider. Genau das scheint aber nicht passiert zu sein. "Stattdessen könnte der Fahrdienstleiter eine Räumungsprüfung am falschen Zug vollzogen haben."

Aus gut informierten Bahnkreisen hieß es mit Verweis auf den bisherigen Ermittlungsstand, dass den Zugführer wohl deshalb keine Schuld träfe. "Er hat offenbar fatalerweise den Befehl bekommen, in den besetzten Abschnitt hinein zu fahren, wo der Güterzug stand", erklärte der Insider. Demnach soll der Zugführer ein sogenanntes Blocksignal vom Fahrdienstleiter erhalten haben, der für die Streckenfreigabe zuständig ist. "Das heißt für den Lokführer, dass er ab dem Signal wieder direkt normal beschleunigen kann", so der Insider.

Zugunglück in Meerbusch: Bilder aus der Luft
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Bilder aus der Luft vom Zugunglück in Meerbusch

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Der Lokführer, der bei dem Aufprall selbst leicht verletzt wurde, hatte mit einer Vollbremsung ein noch schwereres Unglück verhindert. Er stehe aber unter Schock, sagte ein Sprecher des privaten Betreibers "National Express". Die Strecke wird auf dem Abschnitt auf unbestimmte Zeit gesperrt bleiben. Zum Unglückszeitpunkt befanden sich 173 Menschen in dem Zug. Die Bergung der Passagiere gestaltete sich als schwierig, weil ein Oberleitungskabel auf den Zug gefallen war. Erst nach rund zwei Stunden konnten die ersten Fahrgäste befreit werden. Die Landesregierung dankte den mehr als 400 Einsatzkräften. "Angesichts der Verwüstungen an der Unfallstelle ist nicht auszudenken, was noch alles hätte passieren können", sagte NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU).

(csr)
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