Meerbusch Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen?

Meerbusch · In einer Sondersitzung von Planungs- und Umweltausschuss sollen heute konkrete städtische Lärmschutz-Maßnahmen erarbeitet werden. Problem: In vielen Bereichen ist die Stadt nicht zuständig

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Foto: RP/Röse

Der Düsenjet donnert, der Güterzug rattert und auch von der Autobahn dröhnen Verkehrsgeräusche herüber. Meerbusch, die Stadt im Grünen, ist auch eine Stadt im Lärm. Heute Nachmittag ab 17 Uhr wollen die Politiker in einer gemeinsamen Sitzung von Planungs- und Umweltausschuss konkrete städtische Maßnahmen erarbeiten, um dem Lärmschutzbedürfnis der Meerbuscher gerecht zu werden. Die Sitzung in der Aula der Realschule Osterath ist öffentlich, Bürger sind willkommen.

Leicht wird das Unterfangen nicht. "Die städtischen Möglichkeiten zur Lärmminderung sind aufgrund der fehlenden Zuständigkeiten für Schienenwege, Flugbetrieb und Bundesstraßen begrenzt", betont der Erste Beigeordnete Frank Maatz. Er zählt auf: "Maßnahmen an den Schallquellen selbst obliegen den Herstellern bzw. Betreibern der jeweiligen Verkehrsmittel und können städtischerseits lediglich gefordert, aber nicht umgesetzt werden."

Für betriebliche Beschränkungen beim Flug- und Bahnverkehr gelte dies sinngemäß, da die Stadt nicht selbst Genehmigungs- und Überwachungsbehörde ist, erklärt der Erste Beigeordnete. "Sanierungsprogramme der Straßenbaulastträger oder des Bundes werden nach den entsprechenden Richtlinien durchgeführt und sind städtischerseits nicht beeinflussbar", sagt Maatz.

Und: "Bauliche Maßnahmen oder Förderprogramme, die von der Stadt selbst durchgeführt und finanziert werden, sind denkbar, werden aber den städtischen Haushalt in erheblicher Größenordnung belasten."

Ein möglicher Ansatz, der nicht viel Geld kostet: die Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit von 50 auf 30 km/h auf Hauptverkehrsstraßen - wie es zurzeit bereits auf der Uerdinger Straße im Lanker Ortskern praktiziert wird. Angenehme Nebeneffekte: die Verkehrssicherheit und die Luftqualität werden erhöht. "Viele Kommunen nutzen Tempo 30 an Hauptverkehrsstraßen als Maßnahme zur Lärmminderung", sagt Maatz. "Dazu gehören Großstädte wie Berlin mit mehr als 80 Kilometer Straßenlänge sowie Tempo 30 zwischen 22 Uhr und 6 Uhr, aber auch kleinere Kommunen wie die 70 000-Einwohner-Stadt Celle." Mögliche Probleme gibt's natürlich auch: "Bei Bundes- und Landesstraßen wird es strittig sein, ob Beschränkungen zugunsten des Lärmschutzes angeordnet werden können", sagt Maatz. Der Stadt müsste es gelingen, Straßen.NRW zu überzeugen. Und: Offen ist, ob sich die Autofahrer nicht neue Schleichwege abseits der Hauptstraßen suchen, wenn dort Tempo 30 gilt.

Noch schwieriger wird es bei den Bereichen Flugverkehr und Schiene. Ein Tempolimit für Züge gibt es nicht, Fördermittel des Bundes für Lärmschutzmaßnahmen werden frühestens mittel- bis langfristig nach Meerbusch fließen. "Eine Option wäre aber ein städtisches Programm, das Maßnahmen wie den Einbau von Schallschutzfenstern für besonders belastete Wohnungen bezuschusst", sagt Maatz. Freilich: Auch das würde den Haushalt belasten.

Zur heutigen Sitzung haben zahlreiche Fraktionen eigene Anträge eingereicht. Die SPD, die die gemeinsame Sondersitzung beantragt hatte, schlägt eine öffentlich tagende "Projektgruppe Lärm" aus Ratsmitgliedern, Verwaltungsmitarbeitern und Vertretern der Behörden vor, die mit Unterstützung eines Fachbüros einen Maßnahmenkatalog erstellen soll. Sie fordert die Einbindung der Bürger. "Ihr Fachwissen kann die Verwaltung durchaus nutzen", sagt die SPD-Fraktionsvorsitzende Nicole Niederdellmann-Siemes.

Die schwarz-grüne Mehrheit hat sich vor allem Gedanken über die Lärmbelastung durch die Eisenbahnlinie gemacht. Sie will einen Vertreter der Bahn zum Thema Lärmschutz in den Ausschuss einladen, setzt auf einen interkommunalen Informationsaustausch und darauf, dass durch die Bebauung des Ostara-Geländes - und dadurch mehr betroffene Bürger - der Bund doch schneller Lärmschutzmaßnahmen für Meerbusch freigibt.

Die UWG-Fraktion hat einen Antrag zum Fluglärm eingereicht. Am Flughafen Düsseldorf soll "das international übliche Abflugverfahren" in der Nähe von Großstädten angewendet werden. Üblich sei dieses Verfahren auf den Stadtflughäfen in Rom, Mailand, Zürich und Neapel. Dabei reduziert der Pilot in einer Höhe von 1500 Fuß den Startschub und beschleunigt erst wieder bei 3000 Fuß. "So ließe sich unnötiger Lärm durch das bisher praktizierte Flachstartverfahren reduzieren", sagt UWG-Fraktionsvorsitzende Daniela Glasmacher.

(RP)
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