Meerbusch Schauergeschichten aus dem Dorf Lank

Meerbusch · Einmal im Jahr führt Franz-Josef Radmacher durch den Stadtteil und erzählt viele Anekdoten.

 Der Brunnen auf dem Marktplatz von Lank war nur eines von vielen Zielen, die Franz-Josef Radmacher (re.) mit der Gruppe ansteuerte.

Der Brunnen auf dem Marktplatz von Lank war nur eines von vielen Zielen, die Franz-Josef Radmacher (re.) mit der Gruppe ansteuerte.

Foto: goldlücke

Der Stolz auf seinen Heimatort ist ihm ins Gesicht geschrieben. "Dies ist der schönste Platz in Meerbusch", sagt Franz-Josef Radmacher. "Wir nennen Lank das kleine Rothenburg. Na ja", bremst er sich schmunzelnd aus, "das klingt vielleicht etwas überzogen." Doch hier, am Brunnen auf dem Alten Markt, mag man es ihm gerne glauben. Franz-Josef Radmacher, Vorsitzender des Heimatkreises Lank e.V., kennt jeden Stein und jedes Haus im Umkreis. Den im Mai 1989 eingeweihten Brunnen liebt er besonders. "Man schrieb dafür einen Wettbewerb aus, den Michael Franke gewann", erzählt er seinen Zuhörern.

Der Künstler entwarf drei Figuren - den Bauern Drickes und die Bäuerinnen Katharina und Stina. Zu ihren Füßen stapeln sich Früchte aus der Region: Spargel, Erdbeeren und ein Korb mit herauskullernden Latumer Sauerkirschen. "Einen echten Markt mit Verkaufsständen hat es hier aber nie gegeben", erklärt der Heimatkenner bei dieser Tour, die er einmal im Jahr veranstaltet. "Man brauchte den Markt nicht, weil die Leute überwiegend Selbstversorger waren. Was fehlte, holte man beim Nachbarn." Wohl aber fanden auf dem Platz Versammlungen und Schützenfeste statt, ringsum hatten sich Geschäfte und Handwerker niedergelassen.

Über die historischen Gebäude, die den Alten Markt säumen, kann Franz-Josef Radmacher viel berichten. Er zeigt auf zwei aneinander gebaute Häuser, eines trägt die Aufschrift "Alte Weinschenke van Dawen." Tüchtiger Gründer des 1845 eröffneten Gasthauses (derzeit geschlossen) war Ferdinand-Josef van Dawen: Wirt und Wundarzt, Herr über die Post, Besitzer von Ziegeleien und Versicherungen. Ein Großkonzern aus heutiger Sicht. "Seine Blütezeit hatte der Gasthof vor und nach dem Ersten Weltkrieg", weiß Radmacher. "Damals lagerten im Keller 100.000 Liter Wein, die auf Flaschen gezogen wurden. Im Restaurant speisten die feinen Herrschaften." Das ursprüngliche Fachwerk wurde später verputzt, was als vornehm galt.

Noch älter als die Weinschenke ist schräg gegenüber der Fronhof von 1758. Der zugehörige Tanzsaal lag im ersten Stock. So war es damals der Brauch, damit Streithähne bei einer Rauferei unsanft die Treppe hinunter gestoßen werden konnten. Das Haus Nr. 18 am Kopfende des Platzes beherbergte früher die Schule. "Für deren Bau hatte man 1752 kurzerhand den Friedhof eingeebnet", sagt Radmacher. "Unter dem Keller fand man bei einem Umbau haufenweise Knochen. Meine Vorfahren waren vermutlich auch dabei." Während er erzählt, ertönen Glockenschläge aus dem Turm der nur wenige Schritte entfernten Kirche St. Stephanus. Neben dem 1841-44 erbauten Denkmal zeigen Pflaster-Markierungen die Umrisse der vorherigen romanischen Kirche an. Weil die neue mit 26.000 Taler bald doppelt so teuer wurde wie geplant, schnappte die Gemeinde den Bauern ihre Jagdpachtgelder weg. Auch die Kirche machte Druck. "Einige klagten und kamen dafür bestimmt in die Hölle", vermutet Radmacher und lacht.

Ein markanter Punkt in Lank befindet sich an der Kreuzung Hauptstraße und Gonellastraße. Der Heimatkenner weist auf ein Stoppschild hin: "Es ist das Einzige nur für Fußgänger in ganz Nordrhein-Westfalen." Ein paar Meter weiter liegt ein bemerkenswerter Verkehrsknotenpunkt, der "Place de la Concorde von Lank": In alle Himmelsrichtungen zweigen Straßen ab. Dort verweilt Radmacher gern bei seinen Führungen und gibt Meerbuscher Schauergeschichten zum Besten.

www.heimatkreis-lank.de

(RP)
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