Meerbusch Rückt der Konverter jetzt doch näher?

Meerbusch · Mit großer Enttäuschung ist in Meerbusch die Entscheidung des Regionalrats aufgenommen worden. Der hatte beschlossen, die Kiesabbaufläche in Kaarst nicht umzuwidmen. Das wäre Voraussetzung für die Standortfrage gewesen.

 Schon im Jahr 2012 hatte die Bürgerinitiative in Osterath mit Schildern am Ingerweg gegen den Bau des Konverters protestiert. Auch jetzt planen die Osterather Aktionen, um sich zu wehren und weiter gegen den Konverter zu kämpfen.

Schon im Jahr 2012 hatte die Bürgerinitiative in Osterath mit Schildern am Ingerweg gegen den Bau des Konverters protestiert. Auch jetzt planen die Osterather Aktionen, um sich zu wehren und weiter gegen den Konverter zu kämpfen.

Foto: Boris Schmidt

Der Regionalrat hat gestern in Grevenbroich die nächste Runde in der Suche nach einem Standort für den umstrittenen Konverter eröffnet, in dem er mit Mehrheit entschied, sich nicht zu entscheiden. Im Klartext: Die vom Stromnetzbetreiber Amprion favorisierte - und bereits gekaufte - "Dreiecksfläche" in Kaarst verbleibt weiterhin in der Kiesabbau-Bindung. Auf ihr kann unter diesen Vorzeichen der 20 Meter hohe Konverter nicht gebaut werden. Folglich rücken die beiden Flächen in Osterath wieder verstärkt ins Blickfeld, die im jüngsten, von Amprion in Auftrag gegebenen, Standortgutachten auf Platz zwei und drei genannt werden. Die von der CDU angeführte "Jamaika"-Koalition forderte aber zugleich in einer gemeinsamen Erklärung die Bundesnetzagentur auf, "das Gutachten zu prüfen, baldmöglichst das Planverfahren weiterzuführen und in diesem die Standortfrage des Konverters mit zu beantworten." Im Kern erklärte sich der Regionalrat damit für nicht zuständig. Aber: Die Bundesnetzagentur bezeichnet sich selbst als nicht zuständig, um den Standort zu klären.

Entscheidungsreif gab sich derweil die SPD. Sie beantragte zunächst ein politisches Votum für die "Dreiecksfläche" als Konverter-Standort, später erhoben die Sozialdemokraten eine Amprion-Forderung zum eigenen Antrag: Umwidmung der "Dreiecksfläche" zur Standortsicherung als Vorranggebiet für eine Konverteranlage. Ihr Fraktionsvorsitzender Günter Wurm (Düsseldorf) wollte - unterstützt von Rainer Thiel (Dormagen) - die Entscheidung, es sei lange genug "herumgeeiert" worden. Doch die SPD scheiterte. Sie blieb mit ihrer Auffassung allein auf weiter Flur.

Die betroffenen Städte reagierten unterschiedlich. Großer Beifall in Kaarst. "Der Regionalrat hat richtig" gehandelt, sagt Bürgermeisterin Ulrike Nienhaus (CDU). Sie fordert weiterhin ein Verfahren, bei dem eine Bewertung nach transparenten, objektiven und nachvollziehbaren Faktoren erfolgt. Harsche Kritik in Meerbusch. Bürgermeisterin Angelika Mielke-Westerlage (CDU) schimpft: "Hier werden nur die Zuständigkeiten hin und her geschoben. Das verunsichern unsere Bevölkerung und die übrigen beteiligten Behörden nur noch mehr." Sie hatte sich Mitte der Woche mit einer dringenden Bitte an den Regionalrat gewandt: sich der Meerbuscher Forderung nach einem klaren Votum für den Konverterstandort "Dreiecksfläche Kaarst" anzuschließen. Dass diese Forderung kein Gehör gefunden hatte, enttäuschte Mielke-Westerlage.

Die Meerbuscher SPD-Fraktionsvorsitzende Nicole Niederdellmann-Siemes sagte gestern, sie sei "entsetzt": "Wir sind nun in einer schwierigen und dramatischen Situation. Es wird das Signal an die Bundesnetzagentur weitergegeben, dass die Kaarster Fläche de facto nicht zur Verfügung steht. Landrat Hans-Jürgen Petrauschke verweigert somit eine vernünftige Abwägung und verwirkt eine politische Lösung."

Der Verlauf der gestrigen Sitzung hat auch viele andere Meerbuscher enttäuscht. "Osterath hat nun berechtigte Chancen, Konverterstandort zu werden", sagte der Osterather Wolfgang Miller. "Nach fünf Jahren bin ich nach dieser Abstimmung sehr pessimistisch." Damit sei von einigen Beteiligten im jahrelangen politischen Gerangel einmal mehr die Unfähigkeit unterstrichen worden, Empfehlungen und Entscheidungen für die Menschen in Osterath zu treffen.

Norma Köser-Voitz von der Bürgerinitiative, die sich gegen den Konverter in Osterath einsetzt, überraschte das Ergebnis nicht: "Wir kennen das Prozedere seit fünf Jahren, bei der Standortsuche sind wir keinen Schritt weiter. Jetzt fangen wir wieder bei null an." Und weiter: "Der Ping-Pong-Ball wird jetzt an die Bundesnetzagentur weitergespielt." Aber: Die Bundesnetzagentur ist nicht die Herrin des Verfahrens, sondern genehmigt nur die Trasse. "Die Standortsuche liegt eindeutig beim Netzbetreiber", machte Pressesprecher Olaf Peter Eul gestern deutlich.

Werner Damblon, Vorsitzender der Meerbuscher CDU-Fraktion: "Vor allem kritisieren wir, wie das ganze Verfahren abläuft." Im neuen Gutachten von Amprion gebe es etliche Merkwürdigkeiten. "Wenn der Regionalplan blockiert wird und das dazu führt, dass eine weitaus ungeeignetere Fläche genutzt werden muss, ist das vor allem für Meerbusch ein schlechtes Ergebnis." "Unsere Standorte in Osterath sind ungeeignet." Das Kriterium "Abstand zur Wohnbebauung" sei weiterhin das wichtigste Kriterium. "Es ist mir ein Rätsel, warum das jetzt keine Rolle mehr spielt." Auch Amprion ist unzufrieden. "Wir bedauern es außerordentlich, dass der Regionalrat kein politisches Signal für die Umwidmung der Dreiecksfläche abgegeben hat", sagte Sprecher Thomas Wiede. "Aus unserer Sicht nimmt er damit in Kauf, dass ein ungeeigneterer Standort, nämlich Osterath, stärker in den Fokus rückt." Dem Vorwurf, dass der Mensch im neuen Gutachten keine Rolle mehr spiele, widerspricht Amprion. Auch in Osterath könne ein halber Kilometer Abstand zur Wohnbebauung eingehalten werden. Entschieden sei noch nichts. Jedoch: "Das Zeitfenster, in dem die Entscheidung fallen kann, wird immer kleiner." Amprion müsse zeitnah mit Planungen für einen konkreten Standort beginnen.

Der Meerbuscher Peter Ascher hatte am Abend vor der Sitzung beantragt, Landrat Petrauschke, Vorsitzender des Regionalrates, als befangen zu erklären. Begründung: Er sei Aufsichtsratsmitglied bei RWE Power, und RWE sei ein Amprion-Gesellschafter. Carsten Kießling, Geschäftsführer des Regionalrates, wies die Initiative zurück: Erstens sei ein Bürger nicht antragsberechtigt, zweitens mache ein Aufsichtsmandat bei einer RWE-Tochter, die nicht an Amprion beteiligt sei, nicht befangen.

(RP)
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