Meerbusch Nazi-Wandbild: Stadt empfiehlt Teilfreilegung

Meerbusch · Es ist eine Kompromisslösung: In einer Vorlage für den nächsten Kulturausschuss schlägt die Stadtverwaltung vor, zumindest Teile eines alten Wandbildes im ehemaligen Büdericher Heim der Hitlerjugend sichtbar zu machen.

 Bei der Eröffnung des HJ-Heims im Jahr 1939 war auch ein Wandgemälde von Büderich zu sehen. Unser Bild zeigt einen Ausschnitt. Auf dem rechten Bild sieht man, wie die Restauratorinnen einen Teil des Bildes freigelegt haben. Der Ausschnitt zeigt ausgerechnet den Mann, der eine Trompete mit Rune in der Hand hält.

Bei der Eröffnung des HJ-Heims im Jahr 1939 war auch ein Wandgemälde von Büderich zu sehen. Unser Bild zeigt einen Ausschnitt. Auf dem rechten Bild sieht man, wie die Restauratorinnen einen Teil des Bildes freigelegt haben. Der Ausschnitt zeigt ausgerechnet den Mann, der eine Trompete mit Rune in der Hand hält.

Foto: UD

Die jahrelange politische Debatte um ein Nazi-Wandbild im Verwaltungsbau am Meerbuscher Dr.-Franz-Schütz-Platz könnte mit einem Kompromiss enden. Die Stadtverwaltung empfiehlt in einer Vorlage für den am 13. September tagenden Kulturausschuss (Dr.-Franz-Schütz-Platz 1), das überputzte Nazi-Wandbild im ehemaligen Büdericher Heim der Hitlerjugend zu einem kleinen Teil freizulegen. Ein Ausschnitt von zehn mal zehn Zentimetern des 2,50 Meter hohen und vier Meter breiten Bildes solle wieder sichtbar sein. Zeitgleich solle eine Informationstafel auf die Hintergründe des 1939 erstellten Wandgemäldes namens "Bildkarte von Büderich" des Malers Fritz Schlüter hinweisen. Das Gemälde befindet sich an der linken Seite der Eingangshalle, der ehemaligen Fahnenhalle. Im Jahr 1950 wurde es einfach überputzt.

Die Verwaltung nennt in der neuen Vorlage auch konkrete Zahlen: Eine restauratorische Teilfreilegung würde nach derzeitigem Stand 2600 Euro kosten, hinzu kämen noch einmal 500 Euro für ein Hinweisschild aus Makrolon. Inzwischen liegt auch die Kostenschätzung der Stadt vor, was eine Komplettfreilegung kosten würde. Von 33.000 Euro Gesamtkosten geht die Stadt bei grober Kalkulation aus - diese Summe könne sich aber noch deutlich erhöhen. "Vor dem Hintergrund einer möglichen Nutzungsänderung des Gebäudes könnte eine komplette Freilegung des Wandgemäldes sich als negativ erweisen", heißt es in der Vorlage.

Hintergrund: Für 1,3 Millionen Euro soll das städtische denkmalgeschützte Verwaltungsgebäude saniert werden. Dort soll unter anderem Platz für die Ganztagsbetreuung der Brüder-Grimm-Schule und der Mauritius-Schule geschaffen werden. Die Frage ist, wie in diesem Zusammenhang mit dem Wandbild umgegangen wird, das in der NS-Zeit gemalt worden war und Büderich zur damaligen Zeit zeigt.

Bei oberflächlicher Betrachtung wirkt das Bild harmlos. Ein idyllisches Büderich wird gezeigt - arbeitende Bevölkerung, ballspielende Kinder. Diese Szenerie muss man aber vor dem Hintergrund der Nazi-Diktatur und des ausgebrechenden Zweiten Weltkrieges betrachten. Wer sich dann das Fresko detailliert anschaut, der entdeckt unter anderem einen gezeichneten Mann, der eine Trompete in der Hand hält, daran eine Flagge mit Siegrune. In der Zeit des Nationalsozialismus war die einfache Siegrune das Emblem des Deutschen Jungvolks in der Hitler-Jugend. Auf dem Bild befindet sich zudem vor dem Rathaus eine Flagge mit Hakenkreuz.

Bereits 2011 diskutierte der Meerbuscher Kulturausschuss erstmals umfänglich, wie mit dem Bild im denkmalgeschützten Bau umzugehen sein sollte - als drei Optionen galten die vollumfängliche Freilegung, die Darstellung eines sehr begrenzten Ausschnittes oder die Beibehaltung des vorhandenen Putzes. Besonders die Meerbuscher Historikerin Rosemarie Vogel - selbst zwischen 1940 und 1945 Mitglied der NS-Staatsjugend - machte sich für eine Komplettfreilegung stark und plädierte dafür, das ehemalige HJ-Heim zum mahnenden Gedenk-ort zu machen. Schüler sollten sich, so schlug sie vor, hier über die Gefahren der NS-Zeit informieren können. Das Wandbild zeige alle nationalsozialistischen Organisationen in ihrer Verzahnung, argumentierte Vogel. Sie verwies immer wieder darauf, dass es nur ganz wenige solcher Fresken und Wandgemälde aus der Nazizeit gebe. Es gab aus Reihen der Politik aber auch Kritiker, die den Sinn einer Freilegung von NS-Kunst anzweifelten.

(RP)
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