Meerbusch Stefan Grzesik will anderen Behinderten Mut machen

Meerbusch · Stefan Grzesik hatte als Jugendlicher einen schweren Unfall und ist seitdem schwerbehindert. Nun macht sich der Meerbuscher selbstständig und will anderen Benachteiligten helfen.

 Stefan Grzesik ist nach einem schweren Unfall in seiner Jugend schwerbehindert. Er wagt jetzt den Schritt in die Selbstständigkeit.

Stefan Grzesik ist nach einem schweren Unfall in seiner Jugend schwerbehindert. Er wagt jetzt den Schritt in die Selbstständigkeit.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Eigentlich wollte er nie irgendwelche Extrawürste. Dabei hätte er sie haben können. Stefan Grzesik ist schwerbehindert. Auch wenn man ihm seine Behinderung nicht ansieht, ist sie da. 1995, als Stefan Grzesik 13 Jahre alt war, wurde er auf einer Landstraße in Kaarst von einem Jeep überfahren. Er hatte das Licht an seinem Fahrrad nicht eingeschaltet. Drei Tage lang lag der Junge damals im Koma. Die behandelnden Ärzte glaubten nicht daran, dass er wieder aufwachen würde. Doch er wachte wieder auf - mit einem schweren Hirnschaden.

Seitdem hat er Probleme mit der Konzentration und mit Empathie. "Ich sehe das so", sagt der Wahl-Meerbuscher. "Ich habe vom Leben eine andere Performance bekommen. Aber ich kann das gut ausgleichen. Keiner weiß wie, aber es funktioniert."

Nach dem Unfall geht er zunächst nur zwei Stunden am Tag zum Gymnasium, sein Fachabitur schafft er mit Ach und Krach. Anschließend macht er eine Ausbildung zum Bürokaufmann und nimmt zum ersten Mal Hilfe in Anspruch - den Ausbildungsplatz bekommt er über eine Maßnahme für Schwerbehinderte. Auch im anschließenden Studium hätte er Unterstützung bekommen: einen Tutor, der ihn begleitet, mehr Zeit in den Klausuren und Hilfsmittel, um seine Nachteile auszugleichen. Das lehnt er aber kategorisch ab, er will sich alleine durchkämpfen. "Vieles ist nicht so leicht für mich", sagt der heute 30-Jährige. "Aber jeder kann alles. Bei einigen dauert es nur ein wenig länger."

So schafft Stefan Grzesik es, ein mehr oder weniger normales Leben zu führen. Sein Studium schmeißt er zwar in den letzten Zügen, dafür engagiert er sich in der Politik. Lange ist der gebürtige Kaarster aktiv als Mitglied in der Deutschen Zentrumspartei. "Ich wollte Politik praktisch lernen und erleben, wie es funktioniert." Über eine Freundin aus der Ukraine bekommt er dann zum ersten Mal mit, wie schwierig es für Ausländer sein kann, in Deutschland einen Job zu finden. Darum hat sich der 30-Jährige jetzt selbstständig gemacht mit einer eigenen Personalvermittlung. Er vermittelt Fachkräfte - Krankenschwestern, Bauarbeiter, Bürokaufleute - aus dem Ausland an deutsche Firmen.

Die Firma ist noch im Aufbau, Stefan Grzesik braucht Geld. Darum arbeitet er nebenbei auf dem Bau, manchmal ist er zwölf Stunden am Tag unterwegs. Vergangenes Jahr hat der Meerbuscher mal weniger gearbeitet, es ging ihm nicht gut. Da hat er doch Hilfe in Anspruch genommen und einen Kredit bekommen. Doch eine spezielle Förderung für Selbstständige mit Behinderung gibt es nicht. "Der Staat geht nicht davon aus, dass es welche wie mich gibt." Und auch wenn er die mögliche Hilfe kaum genutzt hat, wünscht er sich mehr Unterstützung für Schwerbehinderte mit Hirnverletzungen. "Wir brauchen Leute mit Erfahrung, die Ähnliches erlebt haben und die die richtigen Fragen stellen."

An seinen eigenen Unfall kann er sich nicht erinnern, an die Zeit danach denkt er nicht gerne zurück. Dennoch würde er nach dem Unfall noch einmal alles so machen, wie es nun gelaufen ist. "Ich habe etwas gefunden, das mir wirklich Spaß macht." Mit seiner Personalvermittlung will er anderen helfen, die wie er besonders sind - egal, welche Beeinträchtigung sie haben. "Ich möchte gerne meinen Ausbilderschein machen und auch Menschen mit Behinderung anstellen", sagt er. "Ich möchte anderen Behinderten mit Hirnverletzungen mögliche Wege aufzeigen und sie ermutigen, in die Arbeitswelt zu gehen. Nicht jeder muss in einer Behindertenwerkstatt arbeiten."

(veke)
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