Meerbusch Leben in der Baustelle

Meerbusch · Seit einem Jahr warten Anwohner des Neubaugebietes Ostara auf richtigen Asphalt, Gehwege und Beleuchtung. Die Stadt weist die Verantwortung von sich und zeigt auf den Bauherrn Ten Brinke.

 Flatterband und Schotterweg auf der Mosaikstraße in Osterath.

Flatterband und Schotterweg auf der Mosaikstraße in Osterath.

Foto: chal

Marlies Haferkamp nennet es diplomatisch "eine große Zumutung." Auf der Hölssig-Straße und der Mosaikstraße fehlen nicht nur Asphalt, auch Gehwege und Laternen sucht man vergeblich. "Wir wussten, dass wir in ein Baugebiet ziehen, aber dass es ein Jahr dauern würde..." Und dass sich die Situation bis Ende des Jahres bessere, sei fraglich. Zu viel fehle noch, zu langsam ginge es voran.

"Wir sind in der dunklen Jahreszeit eingezogen, bald wird es wieder dunkel", klagt Haferkamp. Die einzige Beleuchtung seien die Lampen an den Hauswänden, und die meisten davon reagieren nur durch Bewegungsmelder. "Also ist es quasi immer stockfinster." Mit der fehlenden Beleuchtung gehen mehrere Probleme einher: Wer früh morgens zur Arbeit fährt oder spät abends heimkommt, muss im dunkeln Slalom fahren. Denn dort, wo mal Bäume gepflanzt werden sollen, klaffen aktuell nur große, etwa zwei mal zwei Meter große Löcher. "Die sind nur durch Flatterband gesichert, wer zu Fuß ohne Taschenlampe unterwegs ist, muss extrem vorsichtig sein", sagt Haferkamp. Die Belüftungsrohre für die zukünftigen Bäume sind schon eingelassen, ragen aktuell aber gut zehn Zentimeter aus dem Boden, da die Asphalt-Decke fehlt. Für Autoreifen sei das schon nicht gut, für Radfahrer und Fußgänger aber eine ganz andere Sache. "Da kann man seine Kinder doch nicht mit dem Rad fahren lassen", sagt Haferkamp besorgt.

Und die Probleme gehen weiter: Da es noch keine Straßenschilder gibt, finde selbst der Notarztwagen kaum den Weg, klagt die Anwohnerin. Zeitungsboten und Müllabfuhr verweigerten ebenfalls die Einfahrt. "Zu gefährlich, nicht befahrbar" lautet die Antwort, die Haferkamp erhalten hat. Die Mülltonnen müssen die Anwohner daher zur nächsten befahrbaren Straße rollen. "Wir zahlen Steuern und Gebühren, erhalten aber keine Dienstleistungen."

Ihren Frust in Worte fasste Haferkamp in der Bürgerfragestunde des Hauptausschusses. Michael Assenmacher, Technischer Beigeordneter, schiebt die Verantwortung erst einmal auf die Baufirma Ten Brinke. "Die Stadt ist nicht Bauherr", so Assenmacher. Man mache Druck auf das Unternehmen, die nötigen Maßnahmen seien versprochen worden. Zusätzlich verweist er darauf, dass viele Wohnungen bereits vor der Erschließung des Baugebietes bezogen wurden.

Für Marlies Haferkamp ist das der Gipfel: "Das klingt, als sei es ein Entgegenkommen von Ten Brinke gewesen." Viele der neuen Bewohner hätten gar keine andere Wahl gehabt, da ihre bestehenden Mietverträge bereits gekündigt waren. Bürgermeisterin Angelika Mielke-Westerlage gibt sich diplomatisch: "Die Verwaltung ist auch nicht zufrieden mit der Situation", die Durchsetzungsmöglichkeiten der Stadtverwaltung seien aber begrenzt, gibt sie zu. "Machen Sie als Bewohner doch auch Druck auf den Investor", ist ihr Ratschlag.

Ein unbefriedigendes Ergebnis für Haferkamp. "Welche Möglichkeiten, welche Druckmittel habe ich denn?", fragt die Osteratherin. "Ich habe nur einen Vertrag über mein Haus mit Ten Brinke".

Martiyn van der Aa, Projektleiter bei Ten Brinke, verteidigt das Vorgehen: "Die Stadt wird alle zwei Wochen informiert, die Erschließung verläuft gemäß Ablaufplan." Beschwerden habe man bisher weder von Anwohnern noch von der Stadt erhalten. Dass diese unzufrieden sei, höre er zum ersten Mal. "Die Zusammenarbeit freut uns", betont van der Aa, bis jetzt sei alles positiv. Dass die Erschließung noch andauere, darüber sei jeder Eigentümer informiert worden. Ein Gebiet von der Größe ließe sich eben nicht in einem Jahr komplett fertigstellen. Wenn das Wetter mitspiele, solle die Erschließung bis Ende des Jahres bei 70 bis 80 Prozent liegen.

(cha)
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