Meerbusch Fluglärm - das müssen die Bürger wissen

Meerbusch · Stadt und Fluglärmgegner haben bei einer gemeinsamen Veranstaltung noch einmal Bürgerfragen beantwortet.

 Viele Vertreter aus Politik und Verwaltung kamen am Mittwochabend in das Mataré-Gymnasium.

Viele Vertreter aus Politik und Verwaltung kamen am Mittwochabend in das Mataré-Gymnasium.

Foto: Ulli Dackweiler

Bei einer gemeinsamen Veranstaltung haben die Stadt Meerbusch und der Verein "Bürger gegen Fluglärm" zur beantragten Kapazitätserweiterung des Flughafens Düsseldorf informiert. Die Teilnehmer erfuhren dort, wie sie sich wehren können. Rund 80 Bürger kamen, dazu viele Vertreter von Verwaltung und Politik. Ein Überblick über die wichtigsten Fragen.

Hat der Flughafen eine Bedarfslücke?

Der Flughafen plant, in den Spitzenzeiten - von 6 bis 20 Uhr - die Flugbewegungen von 47 auf 60 zu erhöhen. Jährlich sind es so zurzeit genehmigte 256.000 Starts und Landungen (Slots). Genehmigt das Landesverkehrsministerium den Antrag, summiert sich die Zahl auf mögliche 318.000 Flugbewegungen: "Dabei schöpft der Flughafen seine Kapazitäten gar nicht aus. Im Jahr 2015 wurden nur 215.000 Flugbewegungen abgewickelt", berichtete Bürgermeisterin Angelika Mielke-Westerlage. Die Diskrepanz sprach sie in der Fluglärmkommission, einem Beratungsgremium, an: "Der Flughafen argumentiert, den Betrieb flexibler gestalten zu wollen." Stadt und der Verein "Bürger gegen Fluglärm" zweifeln dies und den Mehrbedarf an.

Flexibilität oder Überforderung?

In den sechs verkehrsreichsten Monaten eines Jahres gilt derzeit eine Obergrenze von 131.000 Flugbewegungen. Nach dem Prognoseszenario des Flughafens könnte sich das Limit auf Basis der genehmigten Slots auf bis zu 160.632 erhöhen. "Von Mai bis Oktober, also wenn wir im Sommer im Garten sitzen, soll die Deckelung fallen", kritisierte Mielke-Westerlage. Mehr Lärm und Abgase würden folgen. Der Flughafen will die Parallelbahn flexibler nutzen. Der Antrag sieht vor, ungenutzte, aber angemeldete Zeiträume auf ein "Zeitkonto" gutzuschreiben. Die Pflicht zur Mit-Nutzung von 21 bis 22 Uhr entfiele: "Der Zweibahnbetrieb soll doch Verspätungen abbauen, um Nachtflüge zu verhindern", wundert sich Christoph Lange vom Verein "Bürger gegen Fluglärm". Mit mehr Slots verschärfe sich die Situation. Heiko Bechert, Abteilungsleiter vom Fachbereich Bürgerbüro, Sicherheit und Umwelt, nennt das Konto "Slot-Spardose" und "Lärm-Spardose": "Wenn es an einem Tag leise ist, darf man sich nicht zu früh freuen."

Utopie vom Nachtflugverbot?

Stadt und Fluglärmgegner fordern ein absolutes Nachtflugverbot. Zwischen 22 und 6 Uhr sollen keine Flugzeuge starten oder landen, sonntags sogar bis 7 Uhr. Die Zuhörer klatschten, doch für einige klang die Aussicht auf eine ungestörte Nachtruhe zu schön, um wahr werden zu können: "Wir müssen es versuchen", sagte Christoph Lange. Derzeit dürften bis maximal 22 Uhr Flugzeuge starten, planmäßige Landungen seien bis 23 Uhr und wieder ab 6 Uhr erlaubt. Es komme aber zu Ausnahmen.

Wie reagieren Airlines und Flughäfen?

Bürgermeisterin Mielke-Westerlage verwies auf die Skepsis der Airlines, die derzeit in Düsseldorf starten und landen - wie Lufthansa oder Air Berlin. Eine Kapazitätserhöhung könnte andere Fluggesellschaften - wie den Billigfluganbieter Ryanair - anlocken. "Aus Weeze erhielt ich einen Anruf. Der Flughafen ist besorgt", erzählte Mielke-Westerlage. Ryanair ist dort Haupt-Fluglinie. Lange sagte: "Der Anteil Düsseldorfs an Flugbewegungen und Passagieren in NRW steigt auf Kosten anderer Flughäfen." Der Antrag vernichte Arbeitsplätze, defizitäre Flughäfen erhielten noch mehr steuerliche Zuschüsse. Lange: "Das schadet dem Gemeinwohl."

Was tut die Stadt?

Bechert erklärte: "Die Stadt ist eine juristische Person ohne Gesundheit." Man müsse den Antrag des Flughafens nach formalrechtlichen Kriterien prüfen: "Die Angaben sind fehlerhaft, das Kapazitätsgutachten ist unschlüssig. Das Unfallrisiko dürfte sich erhöhen, wird aber nicht bewertet", listet Bechert Mängel auf. Die Stadt rüstet sich mit Gegengutachten und einem Aktionsbündnis aus Städten, die den Expansionsdrang des Flughafens ablehnen. Die Bürgermeisterin appellierte an die Bürger: "Es ist wichtig, dass Sie ihre Stimme in Form eines Einspruchs erheben. Mehr Belastung für die Menschen für mehr Profit? Das kann nicht der Maßstab sein."

Einspruch - wie ist das möglich?

Noch bis zum 24. Juni liegt an verschiedenen Orten in Meerbusch der Antrag des Flughafens aus, auch im Internet ist dieser veröffentlicht. Der Verein "Bürger gegen Fluglärm" führt ein Sammelverfahren zur Stellungnahme durch. Auf Listen können Bürger mit ihrer Unterschrift Einspruch erheben. Der Verein bietet Argumentationshilfen an, auch selbst formulierte Einwendungen von Bürgern sind möglich. "Es ist Halbzeit", resümierte Lange. "Über 12.000 Unterschriften haben wir bereits." Angepeilt sind rund 30.000. Diese Grenze garantiere keinen Sieg. "Wir versuchen aber, über die Masse Druck auszuüben." Die Einspruchsfrist endet am 8. Juli. "Wir bitten jedoch, uns die Listen bis zum 30. Juni zu schicken, um sie zu sichten." Vertreter im Verfahren ist Lange. "Jeder sollte Unterstützer suchen - nicht nur in Büderich." Abgegeben werden können die Listen in Bürgerbüros, Stadtbücherei, Schulen und Kitas. Oder man schickt sie an den Verein, Postfach 2327 in 40646 Meerbusch.

Wie geht es weiter?

Die Politik beschäftigt sich am 22. Juni im Bau- und Umweltausschuss mit dem Thema, der Rat beschließt am 30. Juni die finale Stellungnahme der Stadt. Fluglärmgegner Lange geht nicht davon aus, dass über die Genehmigung 2017 entschieden wird. Stadt und Verein behalten sich vor, je nach Ergebnis zu klagen.

(RP)
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