Meerbusch Die dritte Liga tanzt nach ihren Pfeifen

Meerbusch · Die Handballerinnen Asja Lippert (27) und Laura Becker (24) vom TuS Treudeutsch haben als Schiedsrichter-Gespann innerhalb von nur anderthalb Jahren den Aufstieg in die dritthöchste Klasse geschafft. Sie wollen weiter aufsteigen.

Meerbusch: Die dritte Liga tanzt nach ihren Pfeifen
Foto: falk janning

Handball ist ihre große Leidenschaft. Asja Lippert (27) und Laura Becker (24) laufen dem Handball schon von klein auf hinterher und gehören seit einigen Jahren dem Kader der Oberliga-Mannschaft des TuS Treudeutsch 07 in Lank an. Doch in dieser Saison ist alles anders. Woche für Woche fehlen sie bei den Spielen des TuS, weil sie in einer anderen Mission unterwegs sind: Sie pfeifen die Spiele der dritten Liga West der Frauen, sind an den Samstagen und Sonntagen als Schiedsrichtergespann bei den Partien in Frankfurt, Minden, Bielefeld und anderswo - und das mit großem Erfolg.

Beide begannen als 14-Jährige bei ihren Heimatvereinen mit der Leitung von Jugendspielen - Asja Lippert bei der HSG Hannover und Laura Becker beim TuS Grevenbroich. Das Pfeifen in den unteren Klassen und bei den Jugendspielen betrieben sie auch dann noch, nachdem sie als Spielerinnen zum TuS Treudeutsch gewechselt waren. Zur Saison 2015/16 schlossen sie sich als Gespann zusammen und pfiffen in der Bezirksliga. Das klappte so gut, dass sie auf Anhieb den Aufstieg in die dritte Liga angeboten bekamen - und annahmen. "Dieser Schritt ist mir sehr schwer gefallen, denn er bedeutet ja, dass ich nicht mehr regelmäßig an den Partien meiner Mannschaft teilnehmen kann", sagt Asja Lippert.

Schließlich entschloss sie sich aber doch gegen ihre Spieler-Laufbahn und für die Schiedsrichterei. Unter anderem auch deshalb, weil sie als Unparteiische größere Aufstiegsmöglichkeiten sieht. "Nach zwei Kreuzbandrissen und einer Knieoperation komme ich in meiner Karriere als Spielerin vermutlich nicht mehr allzu weit", sagt sie. Im Schiedsrichter-Trikot hofft sie dagegen noch lange agieren und nach oben klettern zu können. Ganz aufgegeben haben sie ihre Karrieren als Aktive aber noch nicht. Schließlich gehören sie weiterhin zum Oberliga-Kader und nehmen unter der Woche am Mannschaftstraining teil.

Die Entscheidung für eine Fortsetzung ihrer Arbeit als Gespann in der dritten Liga begründeten sie auch mit der Freundschaft, die zwischen ihnen während ihrer ersten Saison als Gespann entstanden war. "Wir passen sehr gut zusammen, haben das gleiche Verständnis von Handball und erlaubter Härte und harmonieren fast blind miteinander. Wir haben auch außerhalb der Handballhalle viel miteinander zu tun", sagt Laura Becker. Nun schon seit anderthalb Jahren bildet sie gemeinsam mit ihrer Freundin ein unzertrennliches Paar, das jedes Wochenende für faire Spiele kämpft. "Wir bekommen regelmäßig von allen Seiten jede Menge Lob nach den Spielen. Das tut richtig gut", berichtet Asja Lippert. "Dabei haben uns alle möglichen Menschen prophezeit, dass wir recht schnell an einen Punkt kommen werden, an dem es nicht mehr so gut läuft. Diese Erfahrung ist uns aber bislang erspart geblieben, wir haben nur überaus positive Erfahrungen gemacht."

Die Schwierigkeit an ihrer Arbeit liege darin, Spieler, Trainer und alle Zuschauer in der Halle zufrieden stellen zu müssen, sagen die beiden Freundinnen. Und auch der Beobachter muss mit ihnen zufrieden sein, schließlich bekommen sie von ihm für ihre Leistungen Noten, die in jene Rangliste einfließen, die über den Auf- und Abstieg bestimmt.

Im Handballsport fehlen viele Schiedsrichter, vor allem junge und weibliche. Kein Wunder: Die ehrenamtliche Schiedsrichterei müssen sie neben ihren Ausbildungen unterbringen. Asja Lippert absolviert derzeit eine Lehre zur IT-System-Kauffrau, Laura Becker studiert in Krefeld "Duale Verfahrenstechnik". Nach ihren Jobs setzen sie sich ins Auto und fahren hunderte Kilometer, um ein Spiel zu leiten. Siegen können sie dabei nicht, das ist den Spielern vorbehalten. Das Gleiche gilt für den Applaus. Nie ist er an die Schiedsrichter gerichtet.

"Du hast nur eine Sekunde Zeit, um dir zu überlegen, wie du dich entscheiden willst", sagt Asja Lippert. "Du musst deine Augen und Ohren immer überall haben und ein umfangreiches Regelwerk perfekt beherrschen, außerdem unvoreingenommen und souverän bleiben, auch wenn es Proteste gibt. Wenn dir mal ein Pfiff rausrutscht und du hast einer Mannschaft den Vorteil genommen, dann musst du dazu stehen. Ich darf zwar keine Entscheidung zurücknehmen, aber die Spieler akzeptieren, wenn ich einen Fehler zugebe."

Die Schwierigkeiten machen den Beiden nichts aus. Im Gegenteil: Die Herausforderung ist für sie der Kick. Und so können sie ihre Aufgaben unbeschwert und mit großem Enthusiasmus angehen. "Wir sind sehr ehrgeizig - und außerdem stolz darauf, dem Jugend-Perspektivkader anzugehören", sagt Asja Lippert. Bisher haben sie noch keine gravierenden Fehlentscheidungen getroffen und hoffen, dass es dabei bleibt.

(RP)
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