Meerbusch Das Segelboot-Projekt

Meerbusch · Schüler der Meerbuscher Maria-Montessori-Gesamtschule haben in Eigenleistung ein Segelboot restauriert - eine Geschichte von viel Handarbeit und großem Zusammenhalt.

Meerbusch: Das Segelboot-Projekt
Foto: Dackweiler, Ulli (ud)

Ein Geschenk war die Initialzündung - ein altes Segelboot, olympische Klasse, pfeilschnell eigentlich, doch mit 40 Jahren Lebenszeit deutlich in die Jahre gekommen. Lehrer Stephan Krings und seine Schüler der Segel-AG an der Maria-Montessori-Schule beschlossen, das Boot zu ihrem Projekt zu machen. "Es war in einem desolaten Zustand, wir merkten schnell, dass wir nicht nur Geduld, sondern auch Geld benötigen", sagt Krings. Eineinhalb Jahre hat er mit seinem Team gebastelt, geschliffen, lackiert. Jetzt ist "Windbeutel" wieder seetüchtig und der Stolz der ganzen Mannschaft.

Segeln an der Schule - das ist ungewöhnlich. Schulleiter Klaus Heesen und Lehrer Stephan Krings sind überzeugt davon, dass der Teamsport ihre Schüler weiterbringt, dass sie dadurch soziale Kompetenzen erlernen - dem Anderen vertrauen, ihm in der Not zur Seite stehen. Das war der Grund, warum die Pädagogen vor drei Jahren die Segel-AG einführten. Vom Fünftklässler bis Zehntklässler sind in der Segel-AG alle Altersstufen vertreten. Und weil die Maria-Montessori-Schule eine inklusive Schule ist, nehmen auch Kinder mit Behinderung teil. Die Arbeitsgemeinschaft wird immer populärer: 25 Schüler sind inzwischen Mitglied, die Warteliste ist lang. Einmal wöchentlich geht es - bei entsprechender Witterung - auf den Kaarster See.

In den ersten Jahren liehen sich die Schüler dort Boote des Vereins - bis Windbeutel kam. Der Ehrgeiz der Truppe war geweckt. "Wir brauchten zuerst eine Finanzierungsidee, das war mir ganz wichtig", sagt Schulleiter Klaus Heesen, der selbst viele Jahre lang aktiver Segler war. Das Geld sammelten die Schüler unter anderem ein, indem sie bei der Rheinregatta des Düsseldorfer Yachtclubs für die Beschallung und Beleuchtung sorgten. Außerdem spendete das Meerbuscher Autohaus BMW Timmermanns, der Kontakt lief über den Förderverein. Schließlich wurden die Schüler von der Bootswerft Funger in Kempen beraten. Der Vater eines Schülers - Stefan Linke - lackierte in seiner Restauratorenwerkstatt kostenlos das komplette Boot.

Die eineinhalbjährige Sanierung verlief mit Höhen und Tiefen. Allein das Abschleifen des Bootskörpers dauerte wochenlang. "Wir mussten immer entsprechendes Wetter haben", sagt Stephan Krings. Die Schüler tauschten außerdem alten Beschläge am Boot aus, flickten Löcher, spachtelten, entfernten alte Holzteile und Teile der Technik im Heck. Auch eine neue Ruderanlage wurde eingebaut. "Alle Schüler, auch die mit Behinderung, konnten mit anpacken", sagt Schulleiter Klaus Heesen. "An unserer Schule fällt im Alltag eigentlich gar nicht mehr auf, dass jemand eine Behinderung hat. Erst wenn man über den Erfolg eines solchen Projekts nachdenkt, wird einem das wieder bewusst."

Wer den Windbeutel nur im alten Zustand sah, wird ihn heute kaum wiedererkennen. "Eine solche Sanierung ohne die Hilfe, die wir hatten, würde sich nicht lohnen", sagt Lehrer Stefan Krings. "Das würde mehrere tausend Euro kosten, da kann man sich besser gleich ein neues Boot holen." Durch die Handwerksleistungen der Eltern und Schüler konnten die Kosten auf rund 600 Euro minimiert werden.

Den Windbeutel zu fahren, ist eine Herausforderung. Das haben erste Touren gezeigt: Im Unterschied zu den langsameren Seglern, die die Kinder bisher gefahren haben - die Typen Optimist und Volksboot (VB) - kommt der Bootstyp der 470 im Wasser schnell auf Touren. "Das ist ein Boot, auf dem man ein erfahrener Segler sein muss", sagt Gerhard Huberti vom Förderverein, der sich beim Projekt sehr engagiert hat. "Es ist für unsere jüngeren Teilnehmer auch ein Anreiz, irgendwann einmal den Windbeutel segeln zu dürfen."

Mit dem Neuzugang Windbeutel wird die Segel-AG noch populärer. Klaus Heesen möchte die AG nicht mehr missen. "Die Schüler entwickeln hier ein Gefühl für Natur. Sie lernen anders den Wind zu spüren." Schnelle Reaktion sei gefragt. Schülerin Davina Tüllmann berichtet von einer Segeltour mit den Eltern vor einiger Zeit. "Es gab ein Gewitter, da mussten wir alle Pläne über den Haufen werfen, schnell an Land gehen. Das ist eben manchmal so." Diese Wetterabhängigkeit beschäftigt natürlich auch Lehrer Stephan Krings. Wenn es zu sehr windet, macht er mit seinen Schülern theoretischen Unterricht - Vorfahrtsregeln auf dem Wasser, Knotenkunde, Kurse am Wind. "Irgendetwas kann man immer noch mal üben."

Die Maria-Montessori-Schüler sind stolz auf das Ergebnis ihrer Arbeit. "All die Mühen haben sich gelohnt", sagt Leonie Huberti (15). Ihr gefällt das Segeln auch deshalb, weil sie dort ihr erlerntes Wissen an Jüngere weitergeben kann. "Es macht Spaß im Team, die Großen akzeptieren uns voll", sagt Maximilian Linke (12). "Bei der AG vergisst man irgendwann, wer in welchem Alter ist."

(RP)
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