Leverkusen Wupsi: Haben Stadt und Politik Fehler gemacht?

Leverkusen · Der Leichlinger Busunternehmer Rainer Hüttebräucker wirft der Leverkusener Stadtverwaltung und Politikern vor, Fehler bei der Ausschreibung für das Busliniennetz gemacht zu haben. Dies habe teils groteske Züge angenommen.

 Spannende Frage: Schnappt Privatunternehmer Wiedenhoff der städtischen Firma Wupsi den Buslinienauftrag weg? In Pforzheim ist ein solches Verfahren schon gelaufen.

Spannende Frage: Schnappt Privatunternehmer Wiedenhoff der städtischen Firma Wupsi den Buslinienauftrag weg? In Pforzheim ist ein solches Verfahren schon gelaufen.

Foto: Uwe Miserius

Am Montag werden die Leverkusener Volksvertreter mit großer Mehrheit ihre Treue zur kommunalen Busfirma Kraftverkehr Wupper Sieg (Wupsi) beschwören. In der Resolution, die im Stadtrat beschlossen werden soll (Wir berichteten), werden die Nachteile aufgezählt, die eine Vergabe des heutigen Wupsi-Liniennetzes an das private Unternehmen Wiedenhoff angeblich haben wird. Von Sozialplankosten und Altersversorgungsrückstellungen in zweistelliger Millionenhöhe ist die Rede, falls die Wupsi als Firma aufgelöst werden müsste. Erhält Wiedenhoff für zehn Jahre die Rechte an dem Liniennetz in Leverkusen und Bergisch Gadbach, wäre dies das Aus für die Wupsi.

In den Schlagabtausch zwischen den Kommunen und Wiedenhoff mischt sich jetzt auch der Leichlinger Busunternehmer Rainer Hüttebräucker ein. Er schickte diese Stellungnahme an unsere Redaktion: "Ihr Artikel ,CDU, SPD, Grüne, OP-plus und FDP kämpfen um die Wupsi', der die vorgesehene Resolution beschreibt, verursacht bei mir erhebliche Zweifel, ob die Politik überhaupt in der Lage ist zu kämpfen. Kampf ohne Waffenkunde erreicht schnell groteske Züge."

In vier Punkten zählt Hüttebräucker seine Sicht der Dinge auf. Wir dokumentieren die Argumentationskette:

1. Resolution zum Festhalten an der Direktvergabe: Als die Politik die Direktvergabe im Sommer 2015 beschlossen hat, war klar, dass die Chance auf eigenwirtschaftliche Angebote eröffnet werden muss. Trotzdem wurde der Beschluss gefasst. War denn niemandem klar, dass dies bei einem wirtschaftlichen und seit 2000 (Bus Herweg-Kauf) restrukturiertem Unternehmen ein großes Risiko ist? Wer so nahe an der ,schwarzen Null' ist, der lockt Interessenten an. Es war ja auch das erklärte Ziel der Unternehmensphilosophie von 2000 bis heute, die Wupsi so wettbewerbsfähig zu machen und sie dann zu verkaufen. (vgl. RP-Artikel ,Mörs will an Wupsi-Verkauf festhalten', vom 15. August 2003). Jetzt hat man 16 Jahre den Firmenwert maximiert und dann entwertet man diese Arbeit, indem man das falsche Wettbewerbsverfahren einleitet. Das ist grotesk und verantwortungslose Vernichtung von Volksvermögen.

Der konsequentere Weg wäre gewesen, einen Gesellschaftsanteil mit einem Verkehrsvertrag im Wettbewerb zu vergeben. Mit der NIAG, ein gemeinsames Unternehmen der Kreise Kleve und Wesel, ist man so verfahren. Ein solcherart geordnetes Verfahren ist rechtlich kaum angreifbar, sichert den Einfluss der Kommunen und die Restrukturierung, bis zur ,schwarzen Null', kann sozialverträglich gesteuert werden. Dafür ist es jetzt zu spät. Wird hier per Resolution am falschen Verfahren festgehalten, weil man den Fehler nicht zugeben will?

2. Resolution zur Streichung der Eigenwirtschaftlichkeit: Die Rechtsstreitigkeiten um die Direktvergabe werden auf der Basis des heute geltenden Rechts zu Ende gebracht werden müssen. Das hilft der Wupsi in der gegenwärtigen Situation nicht. Politiker, die Fehlentscheidungen durch Gesetzesänderungen kaschieren wollen, sind aus demokratischen Gesichtspunkten auf dem Holzweg, denn der Begriff der Eigenwirtschaftlichkeit ist eng verknüpft mit dem Artikel 12 GG (Berufsfreiheit, gilt auch für die Wupsi). Wer an diesem Grundrecht rüttelt, der fördert die Planwirtschaft und sollte die Konsequenzen für die öffentlichen Haushalte bedenken. Sollen hier Bundespolitiker lokalpolitische Fehlentscheidungen ausbaden?

3. Resolution für ein Wahlrecht bei den Ausgleichregelungen für die Schülerverkehre: Ein solches Wahlrecht ist überflüssig und hilft der Wupsi in der gegenwärtigen Situation überhaupt nicht. Was hat diese Forderung in der Resolution zu suchen? Sollen hier Landespolitiker lokalpolitische Fehlentscheidungen ausbaden?

4. Resolution zur Mobilisierung der Lobbyisten des Städtetages: Da ja Bundespolitiker und Landespolitiker nicht ausreichen, um diese schwere Fehlentscheidung zu korrigieren, werden auch noch die Lobbyisten in den Kampf geschickt. Ist das der schrille Schrei der Schiffbrüchigen?

Zum guten Schluss dieser lokalpolitischen Groteske noch ein Lösungsvorschlag: Bei dem guten wirtschaftlichen Zustand der Wupsi sind mindestens 85 Prozent der Buslinien eigenwirtschaftlich im Sinne des Gesetzes und brauchen nicht ausgeschrieben zu werden. Nur die verbleibenden 15 Prozent der Linien wären nach geltendem Recht auszuschreiben und auf die kann die Wupsi auch bieten. Das geht sogar noch bis Ende des Jahres! Das Risiko wäre begrenzt, eine Stilllegung nicht mehr Teil des kommunalen Szenarios.

Warum wählt man das Direktvergabeverfahren, bei dem das ganze Wupsi-Netz ausgeschrieben werden muss? Warum wollen Politiker im Angesicht dieses Risikos immer noch an der Direktvergabe festhalten?

Spielen hier Politiker und Verwaltung mit öffentlichen Geldern und empören sich, wenn Wiedenhoff das auch spielt, aber mit eigenem Geld?" Ende der Stellungnahme von Rainer Hütterbräucker. Er erwartet übrigens mit Spannung die heutige Entscheidung im Leverkusener Stadtrat.

(RP)
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