Leverkusen Wenzelnberg-Morde: Starb ein Täter kurz danach?

Leverkusen · Ein schmerzhafter Aspekt des Wenzelnberg-Massakers: Der Mord an 71 Häftlingen aus Gefängnissen in Remscheid und Wuppertal kurz vor Kriegsende 1945 wird juristisch wohl für immer ungesühnt bleiben. Bei der Gedenkfeier, die morgen am Mahnmal stattfindet (11 Uhr, Kappeler Weg), wird das sicher zur Sprache kommen. Der militärische Befehlshaber, Generalfeldmarschall Walter Model, entzog sich dem Strafgericht durch Selbstmord (1945), ebenso der SS-Standartenführer Rudolf Batz (1961).

Die anderen Täter wurden nicht belangt oder nicht ermittelt. Und der mutmaßliche Leiter des Exekutionskommandos, SS-Hauptsturmführer Theodor Goeke? Gilt offiziell als vermisst. Noch, denn in die Klärung seines Schicksals könnte jetzt Bewegung kommen. Wurde der damals 33-Jährige drei Wochen nach dem Wenzelnberg-Massaker selbst erschossen und verscharrt? Oder hat sich sein Umfeld diese Geschichte ausgedacht, damit er untertauchen konnte? Um Licht ins Dunkel zu bringen, hat der Wuppertaler Historiker Stephan Stracke (52) jetzt die zuständige NRW-Zentralstelle für die Bearbeitung von nationalsozialistischen Massenverbrechen in Dortmund eingeschaltet. Unter Hinweis auf seine Forschungen hat Stracke den Leiter der Zentrale, Oberstaatsanwalt Andreas Brendel, gebeten, "Hinweisen auf ein mögliches Tötungsverbrechen in Neheim-Hüsten nachzugehen".

Dorthin, ins Sauerland, soll sich Goeke seinerzeit abgesetzt haben. Erstmals ermittelt in dieser Sache wurde 1964/65. Grund: Der vermisste Goeke wurde beschuldigt, im Herbst 1941 an Judenerschießungen des Einsatzkommandos 9 im weißrussischen Witebsk beteiligt gewesen zu sein. Goekes Ehefrau Elisabeth gab 1965 an, ihr Mann sei am 14. März 1945 (einen Monat vor dem Wenzelnberg-Massaker) aus Wuppertal verschwunden. Zugleich führte sie die LKA-Ermittler auf die Spur zu einem Freund der Familie in Neheim-Hüsten.

Der behauptete, Göke sei auf seinem Hof von den einrückenden Amerikanern (zufällig etwa am Tag des Wenzelnberg-Massakers) inhaftiert und befreiten polnischen Zwangsarbeitern übergeben worden. Die sollen Goeke mit vier anderen erschossen haben. 1949 wurden fünf Tote, bei denen es sich um besagte Erschossene handeln soll, in ein Massengrab auf einem Friedhof in Ense-Bremen (bei Neheim) umgebettet worden sein. "Dieses Grab ist bekannt", sagt Stracke: "Mit einer DNA-Untersuchung müsste sich also klären lassen, ob Theodor Goeke einer der Toten ist - vorausgesetzt man macht Kinder oder Enkel Goekes ausfindig und diese stimmen einem DNA-Abgleich zu."

(gut)
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