Leverkusen Warum Flüchtling Hassan keine Wohnung findet

Leverkusen · Sehnlichst wartet Hassan Fetnah auf seine Familie. Seit er vor zwei Jahren Syrien verließ, um in Deutschland Schutz zu suchen, hat der 46-Jährige seine Frau und seine drei Söhne nicht gesehen. Sie sind immer noch in seiner Heimatstadt Homs, die so stark bombardiert wurde.

Trotz erheblicher Anstrengung und der Hilfe von Elisabeth Rosenfelder, die den Flüchtling betreut, ihn bei Behördengängen begleitet und in seinem Namen nachhakt. "Ich kenne inzwischen alle, die professionell helfen, zum Beispiel beim Migrationsdienst der Caritas", sagt sie und lobt deren unermüdlichen Einsatz für Menschen, die hier Fuß zu fassen versuchen. "Da kann ich nur sagen: Hut ab!" Die hilfsbereite Sachbearbeiterin im Jobcenter riet ihnen, direkt auf Wohnungssuche zu gehen, bevor die Familie einreist. Und sie gab ihnen eine Liste mit neun Wohnungsbaugesellschaften, die in Leverkusen Mietshäuser haben.

Elisabeth Rosenfelder hat sie alle der Reihe nach kontaktiert und dabei positive wie negative Erfahrungen gemacht, wenn sie sich vorstellte mit den Worten: "Ich betreue ehrenamtlich einen Flüchtling, was muss ich da machen?" Bei der Gesellschaft auf Position drei der Liste war das Gespräch mit nur einem Satz beendet: "Wir nehmen grundsätzlich keine Mieter vom Jobcenter." Da hätten sie doch die Miete immerhin sicher, denkt sich Elisabeth Rosenfelder und wundert sich, warum die Gesellschaft überhaupt auf dem Bogen steht. "Wir nehmen nur Mieter, die Deutsch sprechen und sich von eigener Arbeit ernähren", war auch eine Auskunft, die sie zu hören bekam. Flüchtlinge würden als Menschen zweiter Klasse behandelt, stellt sie fest. Vor allem erhielten sie oftmals gar keine Chance, sich persönlich vorzustellen.

Hassan sei ein stiller und zurückhaltender Mensch, der von seiner schweren Lebensgeschichte gezeichnet ist. In Syrien arbeitete er einen angesehenen kaufmännischen Beruf, hatte ein eigenes Auto. Im reichen Deutschland als Bittsteller aufzutreten, fällt ihm schwer. Neben offener Ablehnung und fadenscheinigen Ausflüchten erfuhren er und Elisabeth Rosenfelder allerdings auch Positives. Wirklich gute Erfahrungen habe sie mit der Sander-Stiftung in Köln-Mülheim gemacht, sagt sie. Dort war man sehr freundlich, aber deren Wohnungen waren einfach zu klein. Auch beim Bauverein Bergisches Heim habe man sich Hassan gegenüber sehr nett verhalten und ihm jedenfalls die Möglichkeit gegeben, sich persönlich vorzustellen. Nur war dort im Augenblick nichts Passendes frei. Elisabeth Rosenfelder weiß, dass der Wohnungsmarkt zur Zeit grauenhaft eng ist, zumal wenn man vier Zimmer braucht. Deswegen hat sie parallel auch eine Rundmail an ihren eigenen Freundes- und Bekanntenkreis geschickt und im Internet gesucht. Im Portal Immoscout hat sie eine bezahlbare Wohnung gefunden, Flüchtlinge wurden aber auch dort direkt ausgeschlossen.

Elisabeth Rosenfelder sucht weiter und erzählt überall davon. Auch, um dem Vorurteil entgegenzuwirken, Flüchtlinge bekämen bevorzugt Wohnungen. "Dem ist definitiv nicht so." Hassan Fetnah hat gründlich überlegt, ob sein Name öffentlich genannt werden soll oder ob es für ihn besser wäre anonym zu bleiben. Er hat eine bewusste Entscheidung getroffen. Schließlich will er doch die Botschaft vermitteln, dass es immer um einzelne Individuen mit ihren ganz persönlichen Lebensgeschichten, Charakteren und Eigenarten geht. Er sagt: "Es gibt nicht die Flüchtlinge, sondern es gibt Hassan."

(mkl)
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