Feuerwehr in Burscheid Unfallhelfer auf A1 sind an der Belastungsgrenze

Burscheid · Wenn es auf der A1 vor der Leverkusener Rheinbrücke einen Unfall gibt, klingelt bei der Freiwilligen Feuerwehr Burscheid der Alarm. 2016 starben schon fünf Menschen auf dem Streckenabschnitt. Die ehrenamtlichen Helfer sind an der Belastungsgrenze angekommen - körperlich und mental.

 Klaus Kopisch von der Feuerwehr Burscheid ist bei Unfällen auf der A1 vor der Rheinbrücke fast immer vor Ort.

Klaus Kopisch von der Feuerwehr Burscheid ist bei Unfällen auf der A1 vor der Rheinbrücke fast immer vor Ort.

Foto: Miserius, Uwe

Klaus Kopisch ist gelernter Dachdeckermeister, den größten Teil seines Arbeitstages verbringt der 46-Jährige inzwischen im Büro. Von Eintönigkeit kann in seinem Alltag aber keine Rede sein. Kopisch ist auch stellvertretender Leiter der Feuerwehr Burscheid, und das bedeutet jede Menge Arbeit. "Die Belastung war nie so groß wie jetzt", sagt er.

Die Stadt Burscheid ist für den Autobahnabschnitt zwischen Burscheid und dem Leverkusener Kreuz zuständig. Das hat 2011 die Bezirksregierung Köln festgelegt. Seit Jahren gehört der Streckenabschnitt zu den gefährlichsten Unfallschwerpunkten landesweit. 318 Unfälle gab es dort laut Angaben der Polizei in diesem Jahr, fünf Menschen starben dabei, 18 wurden schwer und 34 leicht verletzt.

2016 schon 168 Einsätze

"Wir haben 120 Kräfte, aber nur rund 15 davon sind tagsüber auch für Einsätze verfügbar, viele arbeiten auswärts", sagt Kopisch. "So ist die Arbeitsbelastung für den Einzelnen enorm, oft sind es dieselben, die raus müssen." Zu 168 Einsätzen ist die Feuerwehr Burscheid in diesem Jahr schon ausgerückt; im gesamten Jahr 2015 waren es 126.

Pläne, die Zuständigkeit für den Autobahnabschnitt zu ändern, gibt es bei der Bezirksregierung aktuell nicht. Das teilte die Behörde auf Anfrage unserer Redaktion mit. Bei der Entscheidung, wer für welchen Autobahnabschnitt zuständig ist, komme es darauf an, wer am schnellsten vor Ort sein könne. Im Fall der A1 sind das die Burscheider.

Die Belastung für die ehrenamtlichen Helfer bleibt damit hoch, auch mental. "Wenn der Pieper geht, macht man sich schon Gedanken, was man so vorfinden wird", sagt Kopisch. "Wenn man dann da ist, funktioniert man einfach nur. Dafür sind wir ausgebildet." Aber was ist, wenn die Schreckensbilder die Einsatzkräfte nach ihren Einsätzen einholen?

Professionelle Hilfe für Helfer

Bilder von den Unfallstellen zeigen ineinander verkeilte Fahrzeuge, blutige Laken und landende Rettungshubschrauber. "Manchmal liegen noch Fotos von der Familie oder Kindern in den Autos", sagt Kopisch, der bei den beiden vergangenen tödlichen Unfällen auf der Autobahn 1 als Einsatzleiter vor Ort war. Das geht nahe. "Das Schlimmste war für mich ein Unfall, der schon ein paar Jahre zurückliegt", sagt Kopisch. "Damals kam bei einem Unfall ein junger Mann ums Leben, der so alt war wie mein Sohn. Noch heute muss ich schlucken, wenn ich daran denke."

Alleine klarkommen müssen die Einsatzkräfte mit den teils traumatischen Erlebnissen nicht. Es gibt speziell geschulte Feuerwehrleute, die nach belastenden Einsätzen in die Wache kommen und mit den Unfallhelfern das Geschehene aufarbeiten. Psychosoziale Unterstützung heißt das im Feuerwehr-Jargon. Stellen die geschulten Kräfte fest, dass ein Helfer mit den Erlebnissen nicht klarkommt, vermitteln sie ihre Kollegen an Psychotherapeuten. "Noch ist es nicht so, dass ich nachts von schlimmen Bildern aus dem Schlaf gerissen werde", sagt er. "Damit spreche ich aber nur für mich."

Verschärft Lkw-Sperre die Situation?

In die Zukunft blickt er mit Sorge: "Ich glaube, dass die Einsatzzahlen noch nach oben gehen." Vor der maroden A1-Brücke gibt es inzwischen eine Sperranlage für Lkw. Sie soll verhindern, dass Fahrzeuge mit einem Gewicht von mehr als 3,5 Tonnen die stark beschädigte Brücke überqueren. Experten befürchten, dass es durch die neue Anlage zu weiteren Staus kommt.

Genau dort passieren die schlimmsten Unfälle auf der A1. Alle fünf Menschen, die dort in diesem Jahr ums Leben kamen, starben, als sie mit ihrem Fahrzeug auf das Stauende vor der Brücke auffuhren. Maßnahmen wurden schon viele beschlossen, um auf Autofahrer auf das drohende Stauende aufmerksam zu machen. Sie alle scheinen bislang ins Leere zu laufen.

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