Leverkusen "Um Demokratie muss man ständig kämpfen"

Leverkusen · Dieter Montelet (83) ist der älteste Wahlhelfer der Stadt.

 Die Urne im Wahllokal am Theodor-Heuss-Ring fest im Blick: Dieter Montelet ist mit 83 Jahren der älteste Wahlhelfer in Leverkusen.

Die Urne im Wahllokal am Theodor-Heuss-Ring fest im Blick: Dieter Montelet ist mit 83 Jahren der älteste Wahlhelfer in Leverkusen.

Foto: Uwe Miserius

Zahlen, Sitzverteilung und eventuelle Koalitionen - das sind die Themen, die den Wahltag beherrschen. Doch gibt es an diesem Tag auch die Geschichten hinter den Prozenten und Hochrechnungen. Dieter Montelet schrieb gestern eine solche: Er ist Wahlhelfer. Soweit, so normal - Montelet aber ist bereits 83 Jahre alt. Und damit wohl einer der ältesten Wahlhelfer in der ganzen Republik. Wer gestern in der Kita am Theodor-Heuss-Ring seinen ausgefüllten Stimmzettel durch den schmalen Spalt in die Urne steckte, der könnte ihm begegnet sein.

So wie er machten sich gestern rund 700 Ehrenamtler am frühen Morgen in das ihnen zugeteilte Wahllokal, in dem sie dann wohl meist den ganzen Tag verbrachten. Für Montelet ist diese Arbeit jedoch nicht nur ein wichtiger Dienst an der Gesellschaft. Er sucht sich darüber hinaus gezielt die damit verbundene Beschäftigung. "Zu Hause fällt mir ja die Decke auf den Kopf", sagt er. Den ganzen Tag fern zu sehen, sei schließlich keine Option. Deshalb ist er auch noch heute im Stadthaus in Opladen beschäftigt - zuständig ist er dort für die Sicherheit. Zu behaupten, der 83-Jährige helfe nur der Beschäftigung wegen, würde ihm allerdings nicht gerecht. Auch für einen Mann, der 1934 im Saarland geboren wurde, ist eine freie Wahl in dieser Zeit Normalität. Gleichwohl weiß er die heutige Form der Demokratie wohl ein wenig mehr zu schätzen, als so manch anderer Mensch. Erlebte er den Zweiten Weltkrieg doch in seiner Kindheit. Zählten seine Lebensjahre zu Kriegsbeginn noch gerade einmal fünf, sollte er elf Jahre alt sein, als der Krieg für beendet erklärt wurde. "Natürlich erlebt man das alles bewusst mit - auch als Kind", beschreibt Montelet.

Mitbestimmung gab es damals nicht. Heute schon. Deswegen sollten die Menschen, die die Chance dazu hätten, wählen gehen, sagt er. Und betont: "Um Demokratie muss man ständig kämpfen."

Ob das Vorurteil, junge Menschen interessierten sich nicht für Politik, richtig ist, darüber lässt sich streiten. Fakt ist aber, dass wohl die älteren Generationen die Wahl maßgeblich entscheiden. Montelet ist sich sicher: Jugendliche hätten andere Interessen. Sie wüssten teils nicht, welch Privileg sie mit der freien Wahl besäßen.

Weil Dieter Montelet eben jenes Privileg zu schätzen weiß, verbrachte er den gestrigen Tag im Wahllokal. Es war dunkel geworden, als die Stimmen sortiert wurden. "Ja, es dauert lange", gab der Wahlhelfer zu, "aber das stört mich nicht."

(RP)
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