Leverkusen Strapaziöse Frischzellenkur

Leverkusen · Vor der Premiere in Berlin wurde "La Vita Nova" im Erholungshaus uraufgeführt. Zudem plauderten die Beteiligten beim Kulissentalk über anstrengende Proben oder die Kulturachse Leverkusen-Berlin.

"Beim Drehen verspüre ich manchmal ein Defizit, deswegen habe ich mir eine Frischzellenkur verordnet." Dass es eine so anstrengende, wenn auch erfüllende Kur würde, war am Anfang nicht abzusehen, gestand Tilo Prückner, als er nach dem Proben am Abend erschöpft zum Talk mit Volker Mattern, Leiter der Bayer Kultur, auf dem roten Sofa in der Kulisse Platz genommen hatte.

Das Stück ist kein Stück

Nach anfänglicher Bühnenlaufbahn hat Prückner viele Jahre beinahe ausschließlich für Film und Fernsehen vor der Kamera gestanden. Dann kam die Idee zur Überarbeitung von Dante Alighieris Stoff "La Vita Nova", den er mit Regisseur Fred Berndt übersetzt und für die Bühne bearbeitet hat. Die Proben-Endphase sowie die Uraufführung fanden im Erholungshaus statt, von wo aus die "Performance für Schauspieler, Sopran und Live-Musik" über die neu angelegte Kulturachse Leverkusen-Berlin ins Renaissance Theater der Hauptstadt wandert.

Die Bezeichnung "Stück" findet Berndt unangemessen. Wenn sich auch durch die Art der Aneinanderreihung in der zweistündigen Produktion eine fortlaufende Entwicklung ergeben habe, bleibe er lieber bei der Umschreibung "Aufführung unter Nennung der Zutaten". Die zweite wichtige "Zutat" saß neben dem Schauspieler der Dante-Rolle auf dem Sofa: Janet Williams, die in La Vita Nova drei Funktionen hat. Als Sopranistin vermittelte sie Dantes Lyrik so eindringlich wie es nur Musik vermag, als Muse durchbricht sie die Barriere aus weißen Blättern, um den Schriftsteller zu inspirieren, in der Rolle der Beatrice verkörpert sie den Ursprung aller Gedanken, die den Dichter unter Schreibzwang setzten.

Tatsächlich waren es wohl die alltäglichen Begegnungen mit der lebenslang geliebten Frau, die er in Kunst übertrug. Dieses Phänomen, eine Art Zwang zur künstlerischen Überhöhung der eigenen Wirklichkeit ist Kern des komplexen Stückes, das eigentlich keines ist. Ursprünglich hatte Prückner die Idee von einer Lesung mit Musik, hatte also nicht damit gerechnet, so viel Text lernen zu müssen, wie es in dieser "Performance" nun der Fall ist. Er nahm den Kraftakt auf sich, der durchaus genussvolle und amüsante Momente mit sich brachte. Die Musik, eine zeitgenössische Komposition mit Renaissance-Anklängen, schuf Uri Rom dazu. Als sich in seinem Kopf die Melodien zur italienischen Lyrik formten, habe er Stimme und Möglichkeiten von Janet Williams im Kopf gehabt, erzählte er. Für ihn stand auf jeden Fall fest, dass die Musik das Publikum gewinnen und für den Stoff interessieren sollte und nicht verschrecken.

(RP)
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