Leichtathletik "Will nicht nur für Sport leben"

Robin Schembera (21, TSV Bayer 04), Deutschlands bester 800-Meter-Läufer über seine Ziele in diesem Sommer, die Faszination der Mittelstrecke und seinen Kampf mit Ernährungsberatern.

Herr Schembera, die Hallensaison ist beendet. Wie fällt Ihr Fazit aus?

Robin Schembera Durchweg positiv. Ich habe den Titel bei den Deutschen Meisterschaften geholt, was mein Trainer und ich als Ziel vorgegeben hatten. Und beim Länderkampf in Glasgow sowie beim Meeting in Valencia habe ich auf internationalem Parkett Erfahrungen sammeln können. Es war aber keine richtige Hallensaison. . .

. . . weil der Fokus ganz klar auf der EM Ende Juli in Barcelona liegt?

Schembera Genau. Das ist das große Ziel für 2010. Deswegen habe ich auch für die Hallen-WM abgesagt.

Zur Vorbereitung geht es in Kürze für drei Wochen nach Marokko.

Schembera Richtig. Das wird mein erstes Höhentrainingslager. Ich hoffe, mein Körper kommt gut damit klar. Unser Trainingsrevier liegt auf 1700 Meter Höhe. Das ist für Mittelstreckler das Höchste der Gefühle. In noch größeren Höhen trainieren nur Langstreckenläufer.

Sie rangieren auf Platz neun der Weltjahresbestenliste. Liegt eine Medaille im Bereich des Machbaren?

Schembera Der Endlauf muss auf jeden Fall das Ziel sein. Dann ist es ein Glückspiel, von Rang eins bis acht ist alles möglich. Die besten Läufer Europas sind von der Zeit her alle in Schlagdistanz. Das stimmt mich zuversichtlich.

Ihre Bestzeit liegt bei 1:45,63 Minuten. Was ist da nach unten hin möglich?

Schembera In diesem Jahr will ich unbedingt die 1:44er-Marke knacken. Mit so einer Zeit komme ich dann auch zu den richtig guten Meetings. In diesem Konkurrenzen stehen Siegerzeiten von 1:43 Minuten. Das kann mich nur nach vorne bringen, wenn ich in solchen Feldern mithalten kann.

Bei der WM im vergangenen Jahr in Berlin kam das Aus durch einen Sturz im Vorlauf. Ist das Missgeschick abgehakt?

Schembera Ja. Ich habe den Sturz zuletzt noch einmal auf einem Video gesehen – und konnte schmunzeln. So etwas passiert halt. Der 800-Meter-Lauf ist der erste, bei dem die Läufer keine Bahnen einhalten müssen, da wird halt gekämpft mit den Ellenbogen. Das macht für mich aber auch die Faszination dieser Strecke aus. Ich mag es, wenn die Zuschauer mitgehen.

Als Nils Schumann 2000 bei den Olympischen Spielen in Sydney Gold holte, waren Sie elf. Haben Sie den Lauf gesehen?

Schemebera Ja, zusammen mit meinen Eltern. Ich dachte damals nur: ,Wow, der hat das Ding gewonnen!' Aber es war noch so weit weg. Ich habe mich ja erst mit 13 oder 14 Jahren auf die Laufdistanz festgelegt.

Sie trainieren fünf- bis siebenmal die Woche. Gibt es ein Leben neben der Leichtathletik?

Schembera Auf jeden Fall. Ich fände es schrecklich, einzig und allein für den Sport zu leben. An mir ist auch schon so mancher Ernährungsberater gescheitert. Ich will mich ganz normal ernähren. Das hat bisher gut geklappt.

Ihre berufliche Zukunft liegt bei der Polizei. Sie sind Kommissaranwärter. Was geht Ihnen bei bei Ausschreitungen wie zuletzt beim Derby Leverkusen gegen Köln durch den Kopf?

Schembera Bis jetzt habe ich solche Krawallen gottseidank nur auf Video gesehen. Aber es ist schon schlimm, wie weit bei manchen Menschen die Hemmschwelle gesunken ist.

Sie selbst fiebern für Bayer 04 in der Bundesliga mit, oder?

Schembera Auf jeden Fall. Ich bin gut mit Ersatztorhüter Fabian Giefer befreundet. Wenn es die Zeit zulässt, bin ich auch ab und zu im Stadion.

Stefan Klüttermann führte das Gespräch.

(RP)
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