Auf Dem Weg Nach Rio Die Leverkusener Sitzvolleyballer Nationalmannschaft TSV Bayer

Leverkusen · Die Leverkusener Sitzvolleyballer könnten bei den Paralympics in Rio die Hälfte des deutschen Teams stellen. Der TSV zählt zu den bundesweit führenden Vereinsmannschaften. Ihre Praxis holen sich die Spieler teils in der niederländischen Ehrendivision.

 Die beiden Leverkusener Sitzvolleyballer Lukas Schiwy (links) und Stefan Hähnlein hoffen auf die Teilnahme an den Paralympics in Brasilien.

Die beiden Leverkusener Sitzvolleyballer Lukas Schiwy (links) und Stefan Hähnlein hoffen auf die Teilnahme an den Paralympics in Brasilien.

Foto: uwe miserius

leverkusen Wenn am 21. August in Rio de Janeiro die Abschlussfeier der Olympischen Sommerspiele beendet ist und sich die Athleten auf den Heimflug machen, stehen Stefan Hähnlein und Lukas Schiwy höchstwahrscheinlich in den Startlöchern. Oder besser gesagt: sie sitzen. Die beiden Sportler des TSV Bayer 04 spielen Sitzvolleyball - und sie dürfen sich berechtigte Hoffnungen auf die Teilnahme an den Paralympics machen (7. bis 18. September). "Wir sind leider die Randsportart einer Randsportart. Die meisten verbinden mit dem Behindertensport allein die Leichtathletik oder Basketball. Das ist sehr schade", findet Schiwy, der für seinen Sport wirbt: "Sitzvolleyball ist sehr intensiv - ein Leistungssport."

Seit seiner Geburt sitzt der 21-Jährige im Rollstuhl - eine angeborene Fehlbildung zwingt ihn dazu. Geht es jedoch in die Halle, schwingt er sich kurzerhand aus seinem Gefährt und bewegt sich mithilfe seiner Arme auf dem Boden fort. Denn genau dort wird Sitzvolleyball gespielt. Das Netz hängt dabei in einer Höhe von 1,15 Metern. Viele der Athleten können gar über es hinwegsehen. Jedem Team, das mit sechs Spielern antritt, stehen 30 Quadratmeter Feld zu. Diese Dichte macht das Spiel so dynamisch und schnell. "Das Gesäß darf bei Ballberührung niemals den Boden verlassen. Und Aufschläge dürfen geblockt werden", erklärt Schiwy. Ansonsten gleichen die Regeln denen des Standvolleyballs.

Eine Liga gibt es zum Bedauern von Stefan Hähnlein in Deutschland allerdings nicht - dafür reicht die Bekanntheit der Sportart nicht aus. Es gibt zu wenig Mannschaften. Eine Vereinbarung erlaubt es dem TSV Bayer aber, am Spielbetrieb in der niederländischen Ehrendivision teilzunehmen. Dazu hat sich das Team BVC Holyoke angeschlossen, um regelmäßig Spielpraxis zu sammeln. "Sitzvolleyball kommt aber auch bei uns langsam", betont Hähnlein optimistisch. "An Schulen und Universitäten wird es in den Sportunterricht eingebaut. In naher Zukunft kann sich etwas entwickeln."

Im Jahr 2009 zog der 25-Jährige aus der Hauptstadt an den Rhein. Sechs Jahre zuvor musste ihm aufgrund von Knochenkrebs der Oberschenkel abgenommen werden. Seitdem bewegt sich Hähnlein mit einer Prothese fort, die er während des Trainings und der Spiele auszieht. "Der Sport half mir dabei, sich mit anderen auszutauschen und Tipps zu erhalten", sagt er.

Im Sitzvolleyball ist er durchaus schon ein alter Hase. Bereits 2012 nahm er an den Paralympics in London teil - ein "unglaubliches Erlebnis", wie er sagt. "Es war sehr beeindruckend. Wir haben nicht oft die Möglichkeit, vor 8000 Menschen zu spielen."

Bis zum 31. Juli darf Bundestrainer Rudi Sonnenbichler einen zwölf Mann starken Kader für Brasilien benennen.

Neben Hähnlein und Schiwy dürfen sich aus Leverkusen auch Dominik Albrecht, Mathis Tigler, Jürgen Schrapp und Stefan Schu Hoffnungen machen. "Sechs Spieler kommen aus Leverkusen in Frage, vier oder fünf halte ich für realistisch", sagt Jörg Frischmann, Geschäftsführer der Behindertensport-Abteilung im TSV. Vor allem der mehrfache Paralympics-Teilnehmer Jürgen Schrapp ist nicht zuletzt aufgrund seiner Erfahrung ein Führungsspieler und aus dem Stamm des deutschen Teams kaum wegzudenken.

Er gehörte neben Hähnlein und Schiwy zum deutschen Team, das unlängst bei den Sarajevo Open, dem wohl renommiertesten internationalen Einladungsturnier, Platz drei belegte. Am Start war auch eine TSV-Mannschaft, die sich nach zwei knappen Niederlagen gegen die Auswahl Kroatiens und die ungarische Topmannschaft Nyiregyhazi SNK mit Rang acht begnügen musste.

Die deutsche Auswahl überzeugte hingegen. Die Gruppengegner bei den Paralympics, Brasilien und Ägypten, wurden souverän besiegt, und auch Mitfavorit Russland war am Rand einer Niederlage. "Das war großartiger Sitzvolleyball. Wir können uns sehr auf die Paralympics freuen", erklärte TSV-Coach Michael Overhage.

Das Ziel ist auch schon ausgegeben: "Wir wollen um eine Medaille mitspielen und möglichst viele Eindrücke sammeln", sagt Schiwy.

(brü)
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