Kommentar Bayer 04 fehlt die Siegermentalität

Leverkusen · Mit dem Aus gegen Villarreal in der Europa League hat die Werkself den letzten möglichen Titel in dieser Saison verspielt.

Es war wie üblich in Leverkusen: kein Titel, kaum Selbstkritik. Die Werkself hatte soeben die letzte Möglichkeit, "etwas Außergewöhnliches zu erreichen" (Trainer Roger Schmidt) verpasst. 0:0 im Heimspiel gegen Villarreal. Wieder kein Tor erzielt, wie schon beim 0:2 im Hinspiel. Die Verantwortlichen, Schmidt und Sportdirektor Rudi Völler, gaben sich danach aber wenig überrascht. Auch Enttäuschung war kaum zu spüren. Ähnlich wenig Emotion hatten die Leverkusener Spieler zuvor in den 90 Minuten in der BayArena gezeigt. Sie nahmen das Aus hin - spielten leidenschaftslos, ohne Ideen, enttäuschend.

Wer am Tag zuvor den FC Bayern gegen Juventus Turin verfolgt hat, wie der Rekordmeister einen 0:2-Rückstand wettgemacht hatte, musste zur Einsicht kommen, dass Leverkusen diese Klasse nicht hat. Und damit ist nicht das spielerische Material gemeint. Nein, es geht nicht um außergewöhnliche Fähigkeiten von Ausnahmetalenten. Es geht um viel Grundlegenderes: Einstellung und Kampfgeist. Die Mentalität, mit der die Bayern bis zum Schluss an sich glaubten, ging Bayer 04 am Donnerstag ab.

Ja, die Werkself hat viele Verletzte zu beklagen. Ja, die Werkself hat viele Spiele in den Knochen. Das haben die Bayern aber auch. Dass man sich mit dem Rekordmeister nicht auf eine Stufe stellen kann, was Genialität und individuelle Klasse angeht, steht außer Frage. Ein ähnlicher Siegeswille kann aber auch von Bayer 04 erwartet werden. Das soll nicht heißen, dass die Spieler nicht bemüht waren. Nur die letzte Entschlossenheit hat an diesem Tag einfach gefehlt - auf dem Platz und in der Analyse danach. Es sei "keine Katastrophe" passiert, erklärte Schmidt, der die Leistung seines Teams "okay" fand, das in Kyriakos Papadopoulos den nächsten Langzeitverletzten verkraften muss.

Die Häufung der Verletzungen ist ein weiterer Punkt, der in dieser Saison nicht passt. Zufall? Pech? Falsche Belastungssteuerung? Auch hier muss Ursachenforschung betrieben werden. Bis jetzt durfte sich Schmidt der Rückendeckung der Vereinsführung sicher sein. Er selbst hatte die Richtung Anfang der Woche aufgezeigt, als er darauf verwies, dass man auch in schlechten Zeiten hinter dem gemeinsamen Ganzen stehen solle. Aber er sagte auch, dass er weiß, dass am Endes des Tages nur die Ergebnisse zählen. Patrick Scherer

(RP)
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