Leverkusen Solinger Straße: Flüchtlingsheim trotz Gräberfeld?

Leverkusen · Höhere Kosten von hunderttausenden Euro und monatelange Verzögerungen durch Ausgrabungsarbeiten schrecken die Stadt nicht.

Könnte die Unesco den Bau der neuen Flüchtlingsunterkunft an der Solinger Straße in Rheindorf stoppen? Das zumindest erhoffen sich die Mitglieder einer Anwohnerinitiative, die sich aus Protest gegen eine Zentrale Unterbringungseinrichtung des Landes NRW für Flüchtlinge an diesem Standort jetzt an den Verein "Unesco Welterbestätten Deutschland" gewandt hat.

Die Anwohner argumentieren, die Einrichtung drohe kulturhistorische Bodendenkmäler zu vernichten. In dem Schreiben an den Verein heißt es unter anderem: "Unter den Gemarkungsnamen Rosendahlsberg und Neuburger Hof hat das Gebiet eine hohe Bedeutung für die frühgeschichtliche Forschung. Hier verlief ein Teilstück des Mauspfads und außerdem historische rheinische Limes, der ja in die Welterbe-Liste der Unesco aufgenommen werden soll."

Bei der Denkmalbehörde des Landes Nordrhein-Westfalen gab man sich gestern noch nicht so zuversichtlich, was den Limes angeht. Dieser Niedergermanische Grenzwall trennte den linksrheinischen Teil des Rheinlands sowie der Niederlande, der Bestandteil des Römischen Reichs war, von den nur bedingt kontrollierten rechtsrheinischen Gebieten ab.

Ein Fund dieser Art wäre zweifellos von großer historischer Bedeutung. Und auch wenn Dr. Ursula Francke, wissenschaftliche Referentin für Denkmalschutz beim Landschaftsverband, nicht vom Limes-Fund überzeugt ist, so wären doch schon die historischen Gräber bis in die Bronzezeit, die in Rheindorf vermutet werden, eine interessante Entdeckung. Um sie zu sichern, verlangt der Denkmalschutz den Bauplänen einiges ab, wie auch Expertin Francke betont: "Die Ausgrabungen, die wir durchführen, werden das Projekt für die Stadt sicherlich um etwa ein halbes Jahr verzögern", kündigte sie an. Zurzeit hätten eigentlich schon die Bauarbeiten für die zentrale Flüchtlingsunterkunft laufen sollen, doch damit ist nun monatelang nicht zu rechnen. Darüber hinaus, so heißt es von Seiten des LVR, werde sich das Bauprojekt um mehrere 100.000 Euro verteuern.

Grund genug, dass nicht nur die Anwohner, sondern inzwischen auch immer mehr Politiker fragen, ob denn unbedingt an dieser Stelle gebaut werden müsse. Immerhin gibt es bereits zwei Landeseinrichtungen dieser Art für Flüchtlinge in Leverkusen. Beide sind zurzeit mit etwa 40 Personen belegt, obwohl sie auf mehrere 100 ausgerichtet sind.

Auch die Zahlen der neu in NRW registrierten Flüchtlinge sprechen eine deutliche Sprache: Laut der zuständigen Bezirksregierung Arnsberg kamen am 3. Mai noch 225 Personen an. Am 11. waren es noch 78.

Christoph Söbbeler, Sprecher der Behörde, wird nicht müde zu erklären, dass dies kein Garant für eine dauerhafte Entwicklung sei und man nicht noch einmal eine Situation wie 2015 erleben möchte, als man die Kommunen per Hilferuf um Unterstützung bitten musste.

Gleichwohl hätte Leverkusen aus Sicht vieler Politiker ein deutlich besser geeignetes Grundstück an der Grenze zu Hitdorf zur Verfügung gestanden, als die Solinger Straße. Aber, so betonte gestern auch Denkmalpflegern Franke: "Die Stadt hat in allen Gesprächen mit uns stets beharrt, dass sie in jedem Fall am Standort Rheindorf festhalte, , komme was da wolle."

(RP)
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