Leverkusen Sinfonien - beschwingt bis lyrisch

Leverkusen · Zu den vorgetragenen Stücken gab es beim "Klassiksonntag" musikgeschichtliche Erläuterungen.

"Ein Leben ohne ,Klassiksonntag' ist denkbar, aber nicht erstrebenswert", meldete sich Horst Scholz gesund als Mit-Moderator in der Matinee zurück. Beinahe hätte sich nun sein Gesprächspartner Dirk Joeres krankmelden müssen. Aber er stand nicht nur den Vormittagstermin (mit Kratzstimme) durch, sondern dirigierte auch mit gewohnter Sorgfalt das Konzert am Abend. Das endete mit Mozarts transparent wie kraftvoll gespielter Jupiter-Sinfonie. Danach gingen die Besucher beseelt wie beschwingt von lichten C-Dur-Sphären heim.

Begonnen hatte der Abend in Moll mit der Sinfonie Nr. 44 von Joseph Haydn. Die trägt den Titel "Trauersinfonie", ist aber keine Trauermusik. Vielleicht sei es eine Vermarktungsstrategie, weil sich Sinfonien mit Beinamen nun mal besser verkauften als Nummern, vermutete Dirk Joeres. Immerhin schrieb Haydn 104 Sinfonien und soll sich außerdem den dritten Satz für seine eigene Beerdigung gewünscht haben. Das ist der einzige in Dur und nicht besonders traurig, dafür sehr lyrisch.

Zwischen Musikeinspielungen und kleinen Demonstrationen am Klavier erklärten Joeres und Scholz die musikgeschichtliche Situation zur Entstehungszeit um 1770, zwei Jahrzehnte nach dem Tod von Johann Sebastian Bach, der einen krassen Stilumbruch markiert. Wer von Bach sprach, meinte die Söhne Carl Philipp Emanuel oder Johann Christian, die den neuen galanten Stil pflegten und nicht die "verzopfte", strenge Polyphonie des Vaters weiterführten. Übrigens habe sich mit Absetzen des "gelehrten Spiels auch gerne mal das geleerte Spiel durchgesetzt", verwies Scholz auf diverse, zu recht vergessene Kleinmeister, die das Siegel "modern" auf ihre schlichten homophonen Ergüsse hefteten. Nicht aber Haydn, der die alten Techniken sehr wohl studiert hatte, um sie beispielsweise im Menuettsatz zu nutzen. Den eingebauten Kanon demonstrierte Joeres kurz am Klavier.

Die Matineebesucher hatten das Glück, den jungen Sänger Thomas Elwin etwas persönlicher kennenzulernen als bei der abendlichen Aufführung von Benjamin Brittens Serenade für Tenor, Horn und Streicher op. 31. Dieser 1943 komponierte Liederzyklus mit Texten des 15. bis 19. Jahrhunderts gehört in seiner britischen Heimat zu den bekanntesten Werken. Auch ihm liege er sehr am Herzen, bekannte der Sänger, der seine Laufbahn als Chorknabe an der Londoner St. Pauls Cathedral begonnen hat.

Ein schweres Erbe sei allerdings die Aufnahme mit dem großen Peter Pears, für den Britten den Part schrieb. Es sei schwer, so leise zu starten und die großen Kontraste herauszuarbeiten, erklärte Elwin, der dann am Abend genau das mit seiner eher lyrischen, weichen Stimme meisterlich umsetzte.

Eindrucksvoll auch der Solo-Hornist Egon Hellrung, dem Britten im Prolog und dem fernen Epilog hinter der Bühnenwand einige schräg klingende Naturtöne in die Partitur geschrieben hat.

(mkl)
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