Leverkusen Richtig gut: der Road-Movie-Roman "Tschik" auf der Forum-Bühne

Leverkusen · Der Kult-Roman "Tschick" von Wolfgang Herrndorf, 2011 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet, weckt bewegte Bilder, denn er ist angelegt wie ein Road-Movie. Aber wie lässt sich die abenteuerliche Spritztour, die zwei Jugendliche auf der Suche nach Freiheit in einem geklauten Lada unternehmen, auf den eng begrenzten Raum einer Bühne übertragen?

Regisseur Frank Hörner hat die Bühnenfassung von Robert Koall am "theater kohlenpott" in Herne inszeniert und dabei schon mal konsequent alles weggelassen, worauf das Medium Film setzen würde. Keine vorbeirollenden Landschaften, kein Auto auf der Bühne. Stattdessen ein Müllkippen-Ambiente mit angerosteten Blechtonnen, Autoreifen und einem Berg von gefüllten Müllsäcken. Diese Woche war die Produktion bei KulturStadtLev im Forum Studio zu sehen. Jugendliche waren von der dichten Umsetzung mit viel Sprachwitz ebenso begeistert wie das ältere Publikum.

Die beiden durchgeknallten Einzelgänger kommen zwar aus ziemlich unterschiedlichen Verhältnissen, wurden aber beide zu Hause vernachlässigt. Was sie verbindet: Beide haben keine Einladung zu Tatjanas Party, wo sich der Rest der Klasse vergnügt. Der 14-jährige Maik hat sich gerade mit drei Tüten Chips an den häuslichen Pool gelegt. Er verbringt die Sommerferien alleine, seine Mutter ist mal wieder auf der "Beautyfarm" zum jährlichen Alkohol-Entzug und sein Vater hat sich mit seiner jungen Assistentin auf "Dienstreise" begeben.

Da taucht sein Mitschüler Tschick mit einem geklauten Lada auf und überredet Maik zur Spritztour um den Block. Die dauert aber schließlich eine Woche. Auf dieser verrückten Tour schließen Maik und der russischstämmige Tschick eine Freundschaft fürs Leben. Die Erlebnisse schweißen die beiden Teenager zusammen.

Maik verliebt sich in ein Mädchen, das sich auf ihrer Tour zeitweise an sie hängt. Und während sie nach einer Irrfahrt über einen holprigen Feldweg irgendwo am Ende der Welt feststecken, reden sie offen über die Dinge, die sie bewegen und betrachten den Sternenhimmel, der "viel schöner als Fernsehen ist".

Ein umgekippter Tiertransporter auf der Autobahn stoppt schließlich ihre Tour. Überall laufen verängstigte Schweine umher. Bilder wie diese entstehen nur im Kopf, hervorgerufen von Maik (Till Beckmann) als Erzähler.

Das Zwischenmenschliche der Protagonisten erlebt das Theaterpublikum im Spiel - im Dialog der Freunde, den Nils Beckmann bei seinem Part als Tschik konsequent mit russischem Akzent spricht, - und ebenso gut nonverbal durch die Gesten und die Mimik von Julia Rehn und Neven Nöthig, die mehrfach während des Stücks die Rollen tauschen und dabei spielerisch und fantasievoll mit Requisiten und Müllberg agieren.

(mkl)
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