Leverkusen Prozess: Kioskbesitzer vermied Streit nicht

Leverkusen · Für die 21. Große Strafkammer des Kölner Landgerichts wird es nicht einfach sein, ein "richtiges" Urteil im Verfahren gegen einen inzwischen 29-jährigen ehemaligen Kioskbetreiber in Küppersteg zu finden, dem von der Staatsanwaltschaft versuchter Mord vorgeworfen wird. Zumindest ist nach einer erneuten Aussage des Angeklagten der Ablauf der Geschehnisse im November 2009 etwas deutlicher geworden.

Nach den Aussagen von Beteiligten, Zeugen und Polizeibeamten erschien es dem Beschuldigten - offenbar nach Anraten seiner Verteidiger - für angebracht, noch einmal ausführlich die verhängnisvolle Eskalation, die sich am frühen Nachmittag aus einer eher alltäglichen und nichtigen Situation ergab, zu beschreiben. Wichtigste Aussage des zur Tatzeit 22-Jährigen: "Ich wollte ihm einen auf die Glocke geben."

Nach einer Situation, wie sie sich auf den Straßen täglich wohl einige tausend Mal abspielt, fühlte sich der Kioskbetreiber brüskiert. Wobei - und das wurde nach der Aussage einer unbeteiligten Zeugin klar - sich die beiden angegriffenen Profisportler nicht gerade wie Waisenknaben verhalten haben.

Jedenfalls sind sie einer Auseinandersetzung nicht aus dem Wege gegangen, haben sich auf die lautstark geäußerten Beleidigungen eingelassen und sind nach etwa einer Dreiviertelstunde unnötig aneckend direkt am Kiosk vorbeigegangen, um zu ihrem geparkten Auto zu gelangen. Sie hätten auch die andere Straßenseite benutzen können, dann wäre eine Zuspitzung der Situation womöglich ausgeblieben.

Andererseits: Der nach eigenen Angaben "aufgewühlte" Täter hatte ausreichend Zeit, sich wieder zu beruhigen. Dabei haben sowohl seine Mutter wie auch zwei Bekannte versucht, ihn wieder zu mäßigen. Es half nichts. Als er die beiden Profisportler sah, die sich "lachend" auf seinen Kiosk zubewegten, stürmte er aus dem Lokal. Weil er "zufällig" ein Schlüsselbund mit einem Teppichmesser in der Hand hielt, verletzte er eines der Opfer am Oberarm.

Inzwischen war der Angeklagte wegen seiner aggressiven Veranlagung in psychotherapeutischer Behandlung. Zuweilen hat man den Eindruck, dass er von einer anderen Person redet, wenn er nicht nur seine Tat beschreibt, die derzeit vor Gericht aufgearbeitet wird, sondern auch seine Straftat aus dem Jahr 2005 erwähnt wird, die ihm wegen zweifachen versuchten Totschlags eine dreieinhalbjährige Jugendstrafe einbracht hatte.

Bei der Urteilsfindung wird das Gericht die bereits seit über sechs Jahren zurückliegende Tat berücksichtigen sowie seinen Lebenslauf, der geprägt ist von einem gewalttägigen Vater, einer Lernbehinderung und einer wenig erfolgreichen Schulzeit, die bis zu einem Schulverweis reichte. Derzeit baut sich der Angeklagte, wie er vor Gericht erklärte, mit Unterstützung der Arbeitsagentur eine selbstständige Existenz mit einem Online-Handel auf. Die Urteilsverkündung wird für Aschermittwoch erwartet.

(sg-)
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