Leverkusen Neuer A1-Chefplaner Thomas Raithel: "Ich nehme jede Einwendung ernst"

Leverkusen · Leverkusens Stadtrat plant eine Resolution zum Autobahn-Ausbau. Auch darauf blickt der neue Projektleiter.

Spezialgruppe kontrolliert an A1-Rheinbrücke
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Foto: irz

Seit November vergangenen Jahres ist Thomas Raithel nun neuer Projektgruppenleiter beim Landesbetrieb Straßenbau (Straßen.NRW). Er ist verantwortlich für den Ausbau der Autobahnen rund um Leverkusen und damit auch die neue A1-Rheinbrücke. Er freue sich auf "eines der größten Infrastrukturprojekte in Nordrhein-Westfalen" hatte der 37-jährige Diplombauingenieur bei seiner Vorstellung gesagt. Und an dieser Freude, so betonte er gestern auf Anfrage unserer Redaktion, habe sich auch ein knappes Vierteljahr später noch nichts geändert.

Der in Reichshof im Oberbergischen wohnende Straßenbaufachmann hat sich tief in die Materie hineingewühlt - denn das Projekt befindet sich gerade in einer entscheidenden Phase - dem Planfeststellungsverfahren. Hier kommen die so genannten Träger öffentlicher Belange zu Wort. Dazu gehören Stadtverwaltungen ebenso wie Bürgerinitiativen oder Umwelt-Organisationen. Die Pläne sind offen ausgelegt, jeder kann Einwendungen geltend machen. Danach muss der Planer noch ein Statement abgeben, bevor es zu einem Erörterungstermin bei der Bezirksregierung Köln kommt - der zuständigen Planfeststellungsbehörde. Die muss entscheiden. Am Ende steht dann der Planfeststellungsbeschluss.

Neue Verkehrsführung vor der A1-Rheinbrücke
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"Ich nehme jede einzelne Einwendung ernst", versicherte Raithel gestern. Davon gibt es allerdings bereits jede Menge. Ein paar Beispiele:

Einwendung 1: Monatelang hatten sich die Leverkusener Ingenieure Rolf Kraneis und Lutz von Waldowski Gedanken gemacht, wie die anstehenden Autobahn-Ausbauten für die Stadt Leverkusen verträglich realisiert werden könnten. Dann scheiterte ihre geplante Präsentation im Stadtrat an 30 Minuten Redezeit, die ihnen das Gremium verwehrte. Jetzt hat Waldowski ein vorbereitetes Einspruchsschreiben für "eine Reihe von betroffenen Damen und Herren" gegen die von der Bezirksregierung festzustellende Autobahnplanung auf die Reise geschickt. Darin heißt es unter anderem wörtlich: "Es ist ein in Deutschland einmaliger, vielleicht fast schon skandalverdächtiger Vorgang, dass ein intaktes Autobahnkreuz mit einem Kostenaufwand von über 200 Millionen Euro abgerissen und in wenigen Metern Entfernung in nahezu gleicher Form wiederaufgebaut wird, gleichlaufend mit der Öffnung und der Entnahme großer Mengen Giftmüll aus Europas größter Giftmülldeponie im Stadtgebiet. "Warum wurden keine echten Alternativen untersucht?", fragt der Experte.

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Foto: dpa, frk kno frk fpt

Antwort Raithel: "Wir haben sehr wohl Alternativen untersucht und in die Variantenvergleiche einfließen lassen", sagt der neue Chefplaner. Sie seien im weiteren Verlauf allerdings ausgeschieden, weil sie "sich ungünstig auf die Verkehrssicherheit im Bauzustand und die Bauzeit für die neue Rheinquerung auswirken". Ein Neubau der Rheinbrücke in versetzter Lage erfordere umfangreiche Bauhilfsmaßnahmen.

Einwand 2: Auch die Leverkusener Initiativen für Verkehrsplanung (LIV) teilen im wesentlichen Waldowskis Kritik, es seien zu wenig Alternativen für den Trassenverlauf geprüft worden, betont Sprecher Peter Westmeier.

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Das ist die A1-Brücke bei Leverkusen

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Foto: US

Antwort Raithel: Auch hier erfolgt der Verweis auf die Planfeststellungsunterlagen. Darin heißt es unter anderem: "Ein oberstromseitiger Neubau der Rheinbrücke bietet aus umweltfachlicher Sicht keine Vorteile gegenüber einem unterstromseitigen Neubau." Aus diesem Grund würden diese Varianten nicht weiterverfolgt.

Einwand 3: Ein ganzes Bündel an Einwendungen bringt der Bürgerlisten-Ratsvertreter Erhard Schoofs auf die Reise. Es beginnt mit dem Vorwurf, das Projekt verstoße gegen das Kreislaufwirtschaftgesetz, weil eine sehr große Menge Abfall erzeugt werde, der vollständig vermieden werden könne.

Außerdem verstoße der A1-Ausbau gegen das Bundes-Immissionsschutzgesetz, weil die dort vorgegebenen Grenzwerte nicht eingehalten würden. Schwerwiegend ist auch dieser Vorwurf von Schoofs: Der geplante Ausbau gefährde die öffentliche Sicherheit "durch das Risiko einer Explosion". Durch den Eingriff in die Mülldeponie Dhünnaue bestehe "ein erhebliches Risiko, auf Minen, Fliegerbomben oder Granaten aus dem Zweiten Weltkrieg zu stoßen".

Antwort Raithel: "Es besteht überhaupt kein Zweifel daran, dass auch und gerade bei diesem Bauprojekt im Vorfeld eine umfangreiche Kampfmittel-Sondierung durchgeführt wird", sagt der Chefplaner. Man gehe ganz sicher kein unkalkulierbares Risiko ein.

Am kommenden Montag tagt der Leverkusener Stadtrat Der will eine Resolution verabschieden, in der noch einmal die städtischen Forderungen aufgelistet werden:

- Um-/Ausbau der A1 ab dem Autobahnkreuz Leverkusen-West bis zum Autobahnkreuz Leverkusen im Bereich der jetzigen Stelzenautobahn in Tunnellage.

- Eine verträgliche Lösung für die Gefahrguttransporte in Abstimmung mit der Stadt und den vor Ort ansässigen Firmen, die Leverkusen als Chemiestandort auch in Zukunft gerecht wird und die die Belastungen für das Umfeld beim Bau eines Tunnels so gering wie möglich hält.

- Die Bauabschnitte zum Um- und Ausbau der A1/ A3 bleiben in der bisher geplanter Reihenfolge.

-Ein stadtverträgliches Baulogistikkonzept, "damit die unvermeidlichen Belastungen für die Leverkusener Bevölkerung und den innerstädtischen Verkehr so gering wie möglich gehalten werden". Die Sitzung beginnt um 16 Uhr.

(RP)
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