A1-Baustelle in Leverkusen Giftmülldeponie als Spielplatz für Forscher

Für den Neubau der Leverkusener A1-Brücke ist eine ehemalige Giftmülldeponie geöffnet worden. Fachleute beobachten das mit großem Interesse. Zum Beispiel der Mann, der einst die Landesgartenschau auf das Deponie-Gelände holte.

A1-Brückenbau in Leverkusen: Zelt soll vor Giftstaub schützen
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A1-Baustelle: Zelt soll vor Giftstaub schützen

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Foto: Miserius, Uwe

Er ist der Erfinder der "Landesgartenschau Leverkusen 2005". Für dieses Projekt habe er "drei Oberbürgermeister verschlissen", sagt Hans-Max Deutschle und lacht. Der einstige Leiter des Grünflächenamts kann sich noch gut an den Weg des Geländes erinnern -von der "größten Giftmülldeponie Westeuropas" bis hin zu Leverkusens beliebtestem Park am Rhein.

Deutschle genießt seinen Ruhestand, nimmt aber immer noch Anteil an seiner einstigen Arbeitsstätte. Das jüngste Foto des großen Schutz-Zeltes, mit dem der Landesbetrieb Straßen.NRW die Deponie zurzeit überbaut hat, fasziniert ihn besonders. Wie Spielzeuge wirken die Bagger, die unter der Absaug-Anlage Schicht für Schicht des kontaminierten Bodens abtragen. Ihre Aufgabe: Platz schaffen für die Pfeiler der neuen Rheinbrücke und gleichzeitig sicherstellen, dass nichts von dem Erdreich in die Umgebung gelangt. Denn auf der 25 Hektar großen Fläche lagern Chemierückstände.

Bayer wertet Proben aus

Deutschle ist nicht der Einzige mit quasi beruflichem Interesse an Leverkusens umstrittenster Baustelle: Auch die Forschung, sagt er, will wissen, wie die Proben aus dem Erdreich ausfallen. Schließlich gebe es selten eine Gelegenheit, eine über Jahrzehnte hinweg hermetisch abgedichtete Giftmülldeponie so eingehend unter die Lupe zu nehmen.

Die Giftmülldeponie ein Spielplatz für Forscher? Bayer verneint das, räumt über Chemieparkbetreiber Currenta aber ein, Proben auszuwerten. TV-Forschungsexperte Ranga Yogeshwar hat gerade erst über Pflanzen berichtet, die Forscher in eine Art Goldrausch versetzen, weil sie wie Bio-Staubsauger Schwermetalle aus verseuchten Böden ziehen. Davon gibt es auf der Leverkusener Deponie reichlich. Im Keller einer Schule waren 1985 Ausblühungen an den Wänden entdeckt worden, die die ganze Farbpalette umfassten. Chemische Stoffe und Schwermetalle tropften einfach so herunter. Die gesamte Wohnsiedlung musste abgerissen werden.

Deutschle kam auf die Idee, das Gelände wieder für die Bevölkerung nutzbar zu machen: mit einer Landesgartenschau auf der abgedichteten Deponie. Der Ortstermin mit der damals gerade ins Amt berufenen NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) gilt in Leverkusen als legendär. Die Politikerin mochte keine "Blümchenausstellungen". Und sie konnte den Kölner Regierungspräsidenten Franz-Josef Antwerpes "nicht ausstehen", erinnert sich der damalige Stadtchef Walter Mende (SPD). Erst zum Ortstermin auf der Deponie, "bei dem wir alle das Gefühl hatten, durch eine Mondlandschaft zu stolpern", sagt Mende, gelang der Durchbruch.

Nicht nur er glaubt: Dass Pflanzen heute wie ein Bio-Staubsauger eingesetzt werden, hätte der Umwelt-Aktivistin auf dem Ministerposten mit Sicherheit gut gefallen.

(RP)
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