Schläge bei Festnahme Misshandlungs-Vorwürfe nach SEK-Einsatz in Leverkusen

Leverkusen · Zwei Brüder behaupten, bei einer Polizeiaktion in Leverkusen von Kräften des Spezialeinsatzkommandos geschlagen und beleidigt worden zu sein. Zugetragen hat sich der Vorfall demnach am Montag am Bahnhof Leverkusen-Schlebusch. Die Polizei verteidigt ihr Vorgehen.

 Der SEK-Einsatz erfolgte am Bahnhof Schlebusch in Manfort.

Der SEK-Einsatz erfolgte am Bahnhof Schlebusch in Manfort.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Zwei Brüder erheben nach dem Einsatz eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) am Bahnhof Schlebusch Vorwürfe gegen die Einsatzkräfte. "Dass der Einsatz, so wie dargestellt, toll gelaufen ist, ist nicht zutreffend", sagt der Anwalt der Männer, Joachim Peter Schweden. Nach eigenen Angaben wurden die Brüder von den Einsatzkräften geschlagen und beleidigt. "Einer meiner Mandanten wurde mit dem Kopf auf den Boden geschlagen, als er bereits gefesselt am Boden lag", sagt ihr Anwalt. Es sollen Sätze gefallen sein wie: "Halt's Maul, du Kanacke." Einer der Brüder erlitt bei dem Einsatz nach eigenen Angaben eine Schürfwunde am Kopf und Prellungen am Rücken. Der Ältere von beiden trug Prellungen im Gesicht und am Kopf davon. Ein Foto zeigt ihn mit geschwollener Nase und zwei blauen Augen.

Die 33 und 30 Jahre alten Brüder sind in Deutschland geboren und Familienväter. Ihre Eltern stammen aus Mazedonien. Sie wandten sich mit den Vorwürfen über Facebook an unsere Redaktion. Der eine arbeitet als Chemiker, der andere ist Bäckermeister und betreibt am Bahnhof Schlebusch seit sechs Jahren die Bäckerei Wulf. Das Haus, in dem das Geschäft ist, gehört seinem Vater und seinem Bruder.

Brüder beteuern ihre Unschuld

Ein Spezialeinsatzkommando der Polizei hatte vor dem Haus am Montagmorgen drei Männer festgenommen, die im Juni ein 83 und 88 Jahre altes Ehepaar in dessen Haus in Leichlingen brutal überfallen haben sollen. Die Brüder waren vor Ort, als das SEK am Bahnhof Schlebusch zugriff, und wurden mit festgenommen. Einer von ihnen verbrachte die Nacht nach dem Einsatz in Polizeigewahrsam. Die Brüder beteuern ihre Unschuld. "Meine Mandanten sind strafrechtlich völlig unbefleckt", sagt der Anwalt der Männer.

Bilder: SEK-Einsatz am Bahnhof Schlebusch im Juli 2016
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SEK-Einsatz am Bahnhof Schlebusch im Juli 2016

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Foto: Uwe Miserius

Die Brüder wollen nun Anzeige wegen Körperverletzung im Amt erstatten. Es geht um Schmerzensgeld. "Für die Schläge, die beide bekommen haben, als sie schon gefesselt waren, gibt es keine Rechtfertigung", sagt der Anwalt der Männer. "Wir kritisieren nicht, dass wir in den Einsatz geraten sind, sondern die Gewalt", berichtet der ältere Bruder.

Die Polizei weist alle Vorwürfe zurück, bewusst gegen Unschuldige vorgegangen zu sein. Die Brüder bei dem SEK-Einsatz ebenfalls attackiert und festgenommen zu haben, bestätigt sie. Die Schuldfrage sei aber noch längst nicht geklärt.

"Mein Mandant hat halt 'Hallo' gesagt"

"Kurz vor dem Zugriff haben wir klar beobachtet, dass der jüngere der beiden Brüder zum Auto der drei Gesuchten gegangen ist und sich mit ihnen bei geöffnetem Kofferraum unterhalten hat", berichtet ein Polizeisprecher: "Er kannte die Männer also." Dazu bezog gestern auch der Anwalt der Männer Stellung. "Mein Mandant kannte einen der Männer flüchtig und hat halt ,Hallo' gesagt", bestätigt er.

Warum überhaupt griff das SEK am Montagmorgen ein? Nach Polizeiangaben wussten die Ermittler seit dem Vorabend, dass an diesem Morgen eine weitere Straftat stattfinden sollte und sich die Täter dafür "aufrüsten" wollten. "Wir alle wissen: Das 88-jährige Überfallopfer aus Leichlingen wäre fast gestorben", sagt der Sprecher: "Hätten wir warten sollen, bis so etwas wieder passiert?" Der Zugriff begann. Bei so einem Einsatz sei es immer erstes Ziel, die Personen unschädlich zu machen, damit nicht einer plötzlich eine Waffe ziehe, erklärt die Polizei.

Dies sei auch im aktuellen Fall so gehalten worden. Die Brüder wurden mit zur Wache genommen, wo sich einer vernehmen ließ, der andere nicht. "Wir ermitteln also noch", sagt der Polizeisprecher: Von erwiesener Unschuld könne zurzeit daher keine Rede sein.

Der ältere Bruder schildert den Morgen so: "Es war mein erster Urlaubstag, ich wollte meinen Bruder besuchen. Ich stand vor dem Laden." Dort habe er gerade versucht, ein Pokémon im Internetspiel "Pokémon Go" zu fangen. "Ich bemerkte einen Knall. Dann kam ein Maskierter mit einer Waffe auf mich zugelaufen. Ich legte mich sofort freiwillig auf den Boden." Die Brüder sehen in dem Vorfall eine Rufschädigung. Nirgendwo sei verlautbart worden, dass auch Unbeteiligte attackiert wurden, sagen sie. Seit Montag würden sie zu Unrecht mit der Tat der nun in Haft sitzenden Räuber in Verbindung gebracht.

(RP)
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