Leverkusen Mann will in Haft und überfällt Supermarkt

Leverkusen · Ein 54-jähriger vielfach Vorbestrafter wollte von der Straße weg wieder ins Gefängnis. Als er in der Polizeiwache nicht festgenommen wurde, überfiel er den Rewe-Markt in der Opladener Fußgängerzone: Nun "darf" er wieder hinter Gitter.

Mann überfällt Supermarkt in Opladen
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Mann überfällt Supermarkt in Opladen

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Zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten wurde ein 54-jähriger Mann verurteilt, der am 31. Juli dieses Jahres den Rewe-Supermarkt in der Opladener Fußgängerzone überfallen hatte. Ob der mehrfach vorbestrafte Täter dieses Urteil als Bestrafung ansieht, ist dabei nicht einmal ganz sicher. Denn nicht einmal eine Stunde vor dem Überfall war der Mann bei der Opladener Polizeidienststelle, um nachzufragen, ob denn nicht ein Haftbefehl gegen ihn vorliege: Das kam gestern bei der Verhandlung für dem Landgericht in Köln heraus.

 Mit gezogenen Pistolen stellten ein Polizist und eine Kollegin den Täter in Höhe Volksbank-Filiale Kölner Straße.

Mit gezogenen Pistolen stellten ein Polizist und eine Kollegin den Täter in Höhe Volksbank-Filiale Kölner Straße.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Die Wache überprüfte die Sache, fand aber keine Handhabe, den 54-Jährigen festzunehmen. Der war zwar erst vor wenigen Monaten wegen eines ähnlichen Delikts, das er in Frankfurt begangen hatte, nach einer dreieinhalbjährigen Strafe erst entlassen worden. Auch hatte er wohl in Frankfurt einige Termine seines Bewährungshelfers nicht eingehalten, aber das war kein Grund für eine Festnahme.

Darüber hatte sich der Täter, der sich gestern vor der 17. Großen Strafkammer des Kölner Landgerichts verantworten musste, offenbar so geärgert, dass sogar eine Beleidigung gegenüber den Polizeibeamten aktenkundig wurde. Letztlich sah der Mann offenbar keinen anderen Ausweg, als spontan die neue Straftat zu begehen. Den Tag über hatte er sich nicht nur über seine Ehefrau geärgert, die schon vor einigen Monaten die Scheidung eingereicht hatte, sondern er hatte auch noch seine letzten 150 Euro in einer Opladener Kneipe mit dem Verzehr von rund drei Litern Bier und dem Spiel an einem Automaten verloren. Nun wusste er keinen anderen Ausweg mehr, ging in die Wohnung, wo er vorübergehend bei der Bekannten seiner Frau Unterschlupf gefunden hatte, holte sich ein Küchenmesser und ging in den Supermarkt. Was reiner Zufall war, wie es der Angeklagte in seinem umfassenden Geständnis erzählte; denn es hätte auch jedes andere Geschäft sein können.

 Der Angeklagte betritt mit seinem Leverkusener Rechtsanwalt Jens George den Gerichtssaal.

Der Angeklagte betritt mit seinem Leverkusener Rechtsanwalt Jens George den Gerichtssaal.

Foto: Uwe Miserius

Weil er nach seiner Entlassung aus der Haft in Frankfurt/Main keinen Halt gefunden hatte - seine beiden Geschwister waren gestorben, zu seinem unehelichen Sohn hat er keinerlei Kontakt, von seiner Frau lebte er in Scheidung - musste er das wenige Entlassungsgeld zunächst für eine Fahrt zur Diakonie in Frankfurt ausgeben. Dort gefiel es ihm allerdings nicht, er bekam auch Streit mit seinen Mitbewohnern. Danach vermittelte ihm seine (Noch-) Ehefrau, die schon längst einen neuen Lebensgefährten hat, die Wohnmöglichkeit bei einer Bekannten in Leverkusen.

Ohnehin hatte er sein Leben nie richtig im Griff. 29 Einträge stehen in seinem Strafregisterauszug, darunter auch immer wieder Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. So geschah es auch im Juli in Opladen, als er sich bei seiner Festnahme nach dem Supermarkt-Überfall mit dem Messer wehren wollte. Eine Polizistin gab einen Warnschuss ab. Letztlich half der von den Beamten eingesetzte Pfefferspray.

Von dem erbeuteten Geld - etwa 1000 Euro - hatte er übrigens nichts. Denn schon beim Verlassen des Supermarktes entrissen ihm Passanten die Tüte, der Geld flog auf die Straße. Einige Passanten haben sich in dem Tumult offenbar unrechtlich bereichert. Denn einem Angestellten des Marktes, der das Geld einsammelte, fiel gleich auf, dass alle 50-Euro-Scheine fehlten.

(RP)
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