Leverkusen Stadt tappt um ein Haar in Museums-Falle

Leverkusen · Im Stadtrat wurde gestern in letzter Minute ein rechtswidriger Beschluss zur Rettung des Schlosses vermieden.

 Bei Umbauten im Schloss und seinem Umfeld muss der Denkmalschutz streng beachtet werden. Zuständig ist die Stadt als Eigentümer. Bei Zuwiderhandlung drohen empfindliche Strafen.

Bei Umbauten im Schloss und seinem Umfeld muss der Denkmalschutz streng beachtet werden. Zuständig ist die Stadt als Eigentümer. Bei Zuwiderhandlung drohen empfindliche Strafen.

Foto: Miserius (Archiv)

Der Leverkusener Rechtsanwalt Manfred Hüttemann hat die Stadtverwaltung kurz vor der gestrigen Ratssitzung auf einen Fehler aufmerksam gemacht, der für den städtischen Etat und auch die Zukunft des Schlosses Morsbroich fatale Folgen hätte haben können. CDU und SPD legten daraufhin zur Sitzung einen Änderungsantrag vor, der die ansonsten unweigerlich drohenden juristischen Konsequenzen für die Stadt vermeiden soll.

Was war geschehen? Vor einer Woche hatte der Finanzausschuss mit großer Mehrheit einem zusammengeführten Antrag von CDU und SPD über das Nutzungskonzept für die Zukunft das Museums Schloss Morsbroich zugestimmt. Auf einen Wortbeitrag des Finanz- und Rechtsdezernenten Markus Märtens hin, hatten die Politiker jedoch noch einen fünften Punkt aufgenommen. Er besagte, der Stadt Leverkusen dürften keinerlei Kosten entstehen. Im Etat für 2018 und auch die kommenden Jahre sei definitiv keine Ausgabe vorgesehen, hatte Märtens hinzugefügt.

Die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zu diesem Punkt fliegt der Stadt jetzt offenbar um die Ohren: Das macht ein Schreiben des Leverkusener Rechtsanwaltes Manfred Hüttemann deutlich, das dieser im Vorfeld der gestrigen Sitzung des Stadtrates an Verwaltung und Politik verteilt hatte und das auch unserer Redaktion vorliegt.

Was wurde übersehen? In dem Schreiben heißt es, die entsprechende Beschlussempfehlung in der Tagesordnung des Rates, "könnte so nicht ohne Rechtsfehler im Rat beschlossen werden".

1. Das Standortkonzept des Museumsvereins habe in Teil zwei des Gutachtens zwei nicht unbedeutende Verstöße gegen die denkmalschutzrechtlichen Belange der Gesamtanlage Schloss Morsbroich identifiziert: der sichtbehindernde Aufwuchs (Beseitigungskosten rund 89.000 Euro) und ein entfernter Erschließungsdamm (Kosten für die neue Herstellung der Überquerung 40.000 Euro).

2. Die Empfehlung des Finanzausschusses, die Umsetzung des Schloss-Konzeptes dürfe "ausschließlich über Drittmittel außerhalb des städtischen Haushalts" sichergestellt werden, kann laut Hüttemann aus Rechtsgründen nicht beschlossen werden.

Gut eineinhalb Kilogramm bedrucktes Papier umfasst das Nutzungskonzept, das die Grundlage zur Rettung von Schloss Morsbroich werden soll. Eine siebenköpfige Gruppe des Museumsvereins hatte es in eineinhalb Jahren erarbeitet. Hüttemann selbst hatte das Konzept im Januar vorgestellt (wir berichteten).

Was muss die Stadt tun? In seinem Schreiben führte der Fachmann jetzt genau aus, was die Stadt und ihr Rechtsdezernent offensichtlich völlig übersehen haben: Das Denkmalschutzgesetz NRW verpflichtet demnach den Eigentümer eines Denkmals - in diesem Fall also die Stadt Leverkusen -, denkmalwidrige Zustände auf eigene Kosten zu beseitigen. Wer den Zustand nicht abstelle, dem drohe eine Geldbuße bis zu 250.000 Euro, heißt es weiter: "Die Stadt Leverkusen muss sich an dieser Stelle wie ein privater Eigentümer verhalten, weil sie Eigentümer der Liegenschaft Schloss Morsbroich ist", argumentiert Hüttemann: "Ein privater Eigentümer kann sich nicht auf fehlende Mittel berufen. Er wird bei wirtschaftlicher Überlastung geschützt durch die Übernahmeverpflichtung der Gemeinde, in deren Bezirk das Denkmal liegt." Diese Möglichkeit habe die Stadt allerdings nicht, weil sie ja nicht übernehmen könne, was sie schon habe.

3. Würde der Rat beschließen, seinen gesetzlichen Verpflichtungen nur dann nachzukommen, wenn es Geld von dritter Seite gebe, sei das rechtswidrig. Ob Drittmittel für Denkmalschutzprobleme "überhaupt generiert werden können, steht dahin", sagt Hüttemann.

4. Dann skizziert der Rechtsanwalt, was passieren würde, wenn der Beschluss trotzdem gefasst werden sollte: Oberbürgermeister Uwe Richrath sei dann ohne Spielraum rechtlich verpflichtet, den entsprechenden Beschluss des Rates zu beanstanden." Ich rate dazu, dieses Prozedere in Ansehung der klaren Rechtslage zu vermeiden", führt Hüttemann aus.

Ergänzend komme noch hinzu, dass für drei der acht geplanten Bausteine für eine Revitalisierung des Schlossparks überhaupt keine Förderung durch Dritte vorgesehen ist. Die Beseitigung denkmalwidriger Sichtehinderungen beispielsweise sei eine originäre Aufgabe der Stadt und daher nicht förderungswürdig, betont Hüttemann.

Was tut die Politik? CDU und SPD reagierten umgehend auf die gefährliche Situation und legten einen Änderungsantrag vor, der die Kostenproblematik nunmehr rechtssicher beschreiben soll. Da heißt es jetzt: "Der Oberbürgermeister wird beauftragt, gemeinsam mit dem Museumsverein die Finanzierung der Umsetzung des Konzepts - investiv und konsumtiv - weitestgehend über Drittmittel außerhalb des städtischen Haushalts sicherzustellen." Dieses "weitestgehend" wollte Roswitha Arnold (Grüne) am liebsten streichen. Sie befürchtete, "dass dann der Haushalt der KSL (KulturStadtLev, Anm. d. Red.) diese Kosten bestreiten muss, was zu Lasten des Programms geht". Der Antrag ging dennoch mit 37 Ja-Stimmen bei neuen Enthaltungen durch. Baudezernentin Andrea Deppe sah in dem Hüttemann-Schreiben keine Gefahr. "Die Untere Denkmalbehörde, also die Stadt, sieht derzeit keine Probleme mit dem Denkmalschutz", stellte die Dezernentin fest.

(RP)
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