Bürgschaft Flüchtlingspate aus Leverkusen soll 3400 Euro erstatten

Leverkusen · Mehrere Leverkusener haben sich für Flüchtlinge verbürgt, um deren Einreise zu ermöglichen. Zehn von ihnen wurden deshalb vom Jobcenter zur Kasse gebeten. Am Freitag urteilt das Oberverwaltungsgericht in Münster, ob das rechtens ist.

 Rita Schillings vom Flüchtlingsrat Leverkusen.

Rita Schillings vom Flüchtlingsrat Leverkusen.

Foto: Miserius, Uwe

Damit hatte ein türkischer Staatsbürger, der in Leverkusen lebt, nicht gerechnet: Um zwei syrischen Flüchtlingen die Einreise zu ihren Verwandten nach Deutschland zu ermöglichen, hatte er sich im Mai 2014 gegenüber der Leverkusener Ausländerbehörde für sie verbürgt. Nun soll er dem Leverkusener Jobcenter 3413,10 Euro zurückerstatten für Hartz-IV-Leistungen, die die beiden Männer von September bis Ende November 2015 bekamen. Dabei hatten die zwei im Dezember 2014 befristete Aufenthaltserlaubnisse (bis Ende 2016) erhalten und Mitte 2015 befristete Arbeitserlaubnisse. Im Sommer 2016 wurden sie als Flüchtlinge anerkannt. Das Kölner Verwaltungsgericht wies im vergangenen Jahr allerdings die Klage des Bürgen, der die Zahlungsforderung an ihn für nicht rechtens hält, ab. Am Freitag soll nun in zweiter Instanz das Oberverwaltungsgericht in Münster darüber entscheiden.

"Wir sind sehr gespannt, wie das Gericht entscheiden wird", sagt Rita Schillings vom Leverkusener Flüchtlingsrat. Denn der Leverkusener Türke sei nicht der einzige, der sich für Flüchtlinge verbürgt habe. Um vom Bürgerkrieg betroffenen Syrern eine Einreise nach Deutschland zu ermöglichen, haben nach Auskunft des NRW-Flüchtlingsrats rund 7000 Menschen in NRW aus humanitären Gründen eine Bürgschaft abgegeben. Eine Gesetzesänderung im vergangenen Jahr hat jedoch die Rechtslage unübersichtlicher gemacht.

"Bislang war die Verpflichtungserklärung zwar zeitlich unbefristet, aber sie endete, wenn der Flüchtling einen eigenen Rechtsanspruch erworben hatte, also beispielsweise der Asylantrag bewilligt worden war", erklärt Schillings. "Jetzt gilt die Verpflichtungserklärung generell für fünf Jahre ab Einreise — für vor Mitte 2016 abgegebene Erklärungen für drei Jahre —, und zwar auch nach Bewilligung eines Asylantrags." Der Flüchtlingsrat hält dies für einen Verstoß gegen das Grundgesetz. "Es kann nicht sein, dass Leistungen des Staates auf Privatpersonen — nämlich auf die Bürgen — abgewälzt werden."

In Leverkusen hat das Jobcenter bereits in etwa zehn Fällen Bürgen zur Kasse gebeten, teilt die Stadt mit. "Das bedeutet aber nicht, dass alle Bürgen, die zahlen sollten, auch geklagt haben", sagt Stadtsprecherin Julia Trick.

Das Kölner Verwaltungsgericht hat die Klage des Leverkuseners abgewiesen, weil der in dem Formular unterschrieben habe, dass seine Verpflichtung erst ende, wenn der Aufenthalt der zwei Syrer beendet sei oder ein "Aufenthaltstitel zu einem anderen Aufenthaltszweck" erteilt worden sei. Zwar hätten die beiden Männer in der Zwischenzeit befristete Aufenthaltserlaubnisse erhalten. Doch der Zweck ihres Aufenthalts in Deutschland — Schutz vor dem Bürgerkrieg — habe sich nicht geändert. Außerdem sei dem Bürgen die geforderte Zahlung finanziell zuzumuten.

"Möglicherweise ist sich auch nicht jeder Bürge über die eingegangene Verpflichtung bewusst", sagt Wolfgang Klein, Geschäftsführer des Leverkusener Caritasverbands. Der Wohlfahrtsverband bürge seit Jahren für nigerianische Ordensschwestern. Da die Nonnen jedoch für ihren eigenen Lebensunterhalt aufkämen, sei der Verband noch nie zu Zahlungen für sie herangezogen worden.

Der Flüchtlingsrat bietet Beratungen zu den Bürgschaften an. "Die Menschen sollen sich klar darüber sein, was sie unterschreiben und welche Verpflichtung sie eingehen", sagt Schillings.

Das Verwaltungsgericht Minden hatte in einem mit Leverkusen vergleichbaren Fall übrigens anders entschieden: Nach Auffassung des Gerichts muss der dortige Bürge nicht für Jobcenter-Leistungen für zwei Syrer zahlen. Auch über diesen Fall entscheidet das Münsteraner Oberverwaltungsgericht in zweiter Instanz. Rita Schillings schließt nicht aus, dass die beiden Fälle vor dem Bundesverwaltungsgericht oder sogar vor dem Bundesverfassungsgericht landen.

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