Leverkusen Kunst im freien Fall

Leverkusen · Der Leverkusener Uwe Haagen war an einem Rekord im Formations-Fallschirmspringen dabei. Für vier Figuren bei 200 km/h blieben 83 Springern wenige Fallsekunden.

Nur Sekunden Zeit hatten die 83 Fallschirm-Formationsspringer, um sich zu solchen Kunst-Figuren zusammenzufinden. "Da muss jeder wissen, was zu tun ist, wie er sich drehen muss", sagt der Leverkusener Teilnehmer der Rekordaktion, Uwe Haagen.

Nur Sekunden Zeit hatten die 83 Fallschirm-Formationsspringer, um sich zu solchen Kunst-Figuren zusammenzufinden. "Da muss jeder wissen, was zu tun ist, wie er sich drehen muss", sagt der Leverkusener Teilnehmer der Rekordaktion, Uwe Haagen.

Foto: Andrey Veselov

Uwe Haagen ist Gerüstbaumeister, 61 Jahre alt, könnte vielleicht das Vorbild für die Schnauzbärte von Jean Pütz und Henning Krautmacher gewesen sein... , aber der gebürtige Alkenrather ist noch mehr: Uwe Haagen ist leidenschaftlicher Fallschirmspringer. Einer der weltbesten, sagt Vereinskollege (Skydive Westerwald) Jürgen Heimann über den Mann aus Neuboddenberg.

Der 61-Jährige hat mit einem handverlesenen "Kreis von 83 Fallschirmsportlern aus allen Teilen des Landes am Himmel über Tschechien eine neue nationale Weltbestleistung im ,Sequential'-Formations-Springen' eingefahren", berichtet Heimann. "Dabei kommt es darauf an, möglichst große Figuren am Himmel zu bilden und diese während des freien Falls bei Vertikaltempo 200 möglichst oft zu variieren", erläutert Heimann. Ziemlich rasante Luftakrobatik also. In ziemlich dünner Luft. "Normalerweise springen wir aus bis zu 4000 Metern Höhe, da ist das mit der Luft noch kein Problem", erzählt Haagen. "Bei Rekorden geht es dann über 5000 Meter, aber mit etwas Sauerstoffzufuhr ist auch das zu meistern."

Haagen spricht über seine luftige Leidenschaft mit Begeisterung. Angefangen hat sie, da war der Leverkusener noch ganz klein: Als Kind bastelte er aus Taschentüchern und Zwirn Fallschirme für Puppen, warf die aus dem fünften Stock herunter und freute sich über den kurzen freien Fall. "Springen, das war immer schon mein Traum." Mitte der 1970er begann er beim Militär selbst mit der Fallschirmspringerei, führte das später privat fort. Heute widmet er sich verstärkt der Ausbildung und bietet Tandemsprünge an, "für Leute, die eine Minute den freien Fall erleben möchten". Lampenfieber, gesteht Haagen, habe er bei jedem Sprung, ganz klar. "Man steht voll in der Konzentration." Gerade bei seinen Aktivitäten in der "größten deutschen Nationalmannschaft", bei den Formationsspringern, sei das so. "Flüge wie in der vergangenen Woche zehren an den Knochen. Da muss man sportlich fit sein." Über der böhmischen Kleinstadt Klatovy hatten die deutschen Springer ihren eigenen Rekord vom vergangenen Jahr im ,Sequential'-Formationsspringen übertroffen: 83 Springer schafften nach mehreren Anläufen vier Figuren, erzählt Jürgen Heimann. "In Folge bei zahlenmäßig gleicher Besetzung noch eine fünfte Figur dranzuhängen, glückte leider nicht. Da fehlten fünf Sekunden Freifallzeit." Das wollen Uwe Haagen und seine Mitspringer ("Wir haben auch sehr viele Frauen, die mitmachen") im kommenden Jahr meistern. Wieder in Tschechien. "Dort gibt es die ausreichenden Flugzeugkapazitäten, um so viele Springer gleichzeitig nach oben zu bringen", berichtet der 61-Jährige. "In Deutschland gibt es die nicht."

Dann gerät er ins Schwärmen über die USA: "Wenn wir noch größere Sachen machen, dann gehen wir dafür in die USA, die haben einen wahnsinnigen Flugzeugpark." Und dorthin wird Uwe Haagen im kommenden Jahr wieder reisen. Für einen weiteren Rekord. Den will das deutsche Team dann mit 240 Springern aufstellen, bisher gibt es ihn mit 214. Ein Mammutprojekt wie überhaupt diese Art des Formationsspringens.

"Sie erfordert von den Beteiligten ein Höchstmaß an Erfahrung, Disziplin, Körperbeherrschung, Konzentration und Reaktionsvermögen. Da muss jeder (Hand-)Griff, jede Drehung sitzen. Jede Sekunde zählt. Jeder einzelne Springer muss genau wissen, wem er das Händchen zu reichen, an welcher Position er anzudocken hat", betont Jürgen Heimann. "Der kleineste Patzer, eine noch so geringe Unaufmerksamkeit eines Kollegen, und die Sache ist gelaufen."

Oder wie Uwe Haagen formuliert: "Wenn beim Versuch nur einer am Team vorbeifliegt, ist der Rekord dahin."

(RP)
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