Leverkusen Künstler steigt mit Kamera in Schlossgraben

Leverkusen · Hier war ein penibler, strukturierter Mensch am Werk, so der erste Eindruck beim Betreten der Schlossremisen. Das stimmt auch, denn Andreas Oskar Hirsch, dessen Ausstellung heute Abend in den Räumen des Kunstvereins Leverkusen in den Vorbauten von Schloss Morsbroich eröffnet wird, zeigt dort strenge grafische Arbeiten. An Schaltpläne erinnern die sauber gezeichneten und Blätter, die er in selbst gebauten Rahmen gruppenweise präsentiert.

 Andreas Oskar Hirsch zeigt strenge grafische Arbeiten, die tatsächlich kurze Texte in Morsezeichen darstellen.

Andreas Oskar Hirsch zeigt strenge grafische Arbeiten, die tatsächlich kurze Texte in Morsezeichen darstellen.

Foto: Uwe Miserius

Tatsächlich handelt es sich um kurze Texte, übersetzt in Morsecode. Dass er die Zeichen für die beiden Komponenten "dah" für lang und "dit" für kurz in unterschiedlichen Größen verwendete, ist der Ästhetik des Bildaufbaus geschuldet, ebenso wie die geschlängelten Verbindungslinien in Rot und Schwarz. Doch kann der Morse-Kundige jedes Blatt von oben nach unten lesen. Zum Beispiel die erste sechsteilige Gruppe: "The Details made me do it". Das ist der Titel dieser Schau, in dem der Künstler die Ursprünge des binären Codes der Computersprache bereits im älteren Morsealphabet ausmacht. Dessen Erfindung machte erstmals Kommunikation über lange Strecken hinweg möglich. Anders die aus reiner Experimentierlust entstandenen Blätter auf der Suche danach, ab welchem Punkt Gegenstände in Auflösung verschwinden. Dazu bewegte er kleine Zeichnungen während des Kopiervorgangs hin und her, dass sich die Konturen verzerrten und den Ausgangspunkt für weitere Nachbearbeitung boten. Das mag der erste kleine Hinweis darauf sein, dass in dieser Künstlerbrust zwei Seelen schlagen. Die eine ist darum bestrebt, Gedanken und Gesehenes zu sortieren und in strenger, konzeptioneller Ordnung sichtbar zu machen. Die andere Seite von Andreas Oskar Hirsch ist seine Neugier, ein geradezu kindlicher Forschertrieb, der ihn immer wieder zu ungewöhnlichen Aktionen schreiten lässt. Im Kölner Hafenbecken hat er kürzlich eine Performance mit sinkendem Schlauchboot und sich in Töne verwandelnde Luft gemacht. Eine gewisse Wasseraffinität sei bei ihm vorhanden, sagt Hirsch, der sich beim ersten Besuch in Morsbroich vom Wassergraben inspirieren ließ. Den untersuchte er aus ganz anderer Perspektive als ein Landschaftsmaler. Er stieg nämlich hinein, schwamm mehrmals mit Neoprenanzug ud Taucherflossen bekleidet um das ganze Areal herum ud schob dabei eine Unterwasserkamera vor sich her. Das Ergebnis ist ein geheimnisvolles Video, das auf den Grund sieht oder, von reflektierendem Wasser übergossen, den Blick in blauen Himmel, Sonnenstrahlen und Herbstlaub richtet.

Eröffnung heute, 19.30 Uhr im Kunstverein Leverkusen Schloss Morsbroich. Geöffnet ab 31. Januar Do/Fr. 13 bis 17, Sa/So 11 bis 17 Uhr, Karneval geschlossen. Konzert und Performance 10. März, 19.30 Uhr.

(mkl)
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