Leverkusen Kritik an CDU: Es regiert die Arroganz der Macht

Leverkusen · Der frühere CDU-Fraktionschef und Bundestagsabgeordnete, Franz-Josef Berners, schreibt an die Spitze seiner Partei.

 Franz-Josef Berners hat sich kritisch zu Wort gemeldet.

Franz-Josef Berners hat sich kritisch zu Wort gemeldet.

Foto: Miserius (Archiv)

Unter den Leverkusener Anhängern der CDU rumort es. Der frühere CDU-Fraktionsvorsitzende und Bundestagsabgeordnete für Leverkusen, Franz-Josef Berners (72), hat die Koalitionsvereinbarung von Angela Merkel scharf kritisiert. "Für mich ist die Grenze der Loyalität fast erreicht", schreibt der Lützenkirchener in einer an die Bundespartei gesendeten Mail, die unserer Redaktion vorliegt.

Damit reagiert Berners, seit 1971 CDU-Mitglied, auf ein bundesweites Rundschreiben der CDU-Zentrale vom Mittwoch. Die Berliner Parteispitze hatte ihren Mitgliedern direkt nach Ende der Koalitionsverhandlungen mitgeteilt: "Es ist der Union gelungen, zahlreiche wichtige Punkte auf Grundlage unseres Regierungsprogramms im Koalitionsvertrag zu verankern. Wir sehen insgesamt darin ein gutes Fundament für eine Politik, die eine neue Dynamik für unser Land und einen neuen Aufbruch für Europa ermöglicht." Dazu schickte die CDU die Details des mit der SPD ausgehandelten Vertrags sowie eine Stellungnahme der Kanzlerin mit.

Berners saß 1975 bis 1990 im Leverkusener Stadtrat und leitete zehn Jahre die CDU-Fraktion. 1986/87 rückte er in den Bundestag nach. Als Politiker wie hochrangiger Bayer-Manager direkt unterhalb des Vorstandes ("Ich war der Außenminister von Bayer") gilt der Leverkusener als Mann der leiseren Töne, der auf Überzeugungsarbeit setzt statt auf den schnellen K.O.-Schlag. Deshalb ist seine schonungslose Kommentierung des aktuellen Berliner Politikgeschehens umso bemerkenswerter.

Die Einschätzung unserer Redaktion formuliert in der Schlagzeile "Außen Groko, innen SPD" teilt der Leverkusener in vollem Umfang. Er mailte von seinem Handy an die CDU-Spitze: "Besonders unverständlich und leichtfertig ist, dass Sie mit der Aufgabe des Finanzministeriums eine wichtige Schaltstelle für solide Finanz- und Steuerpolitik für unser Land und Europa aufgegeben haben. Die Sozialisierung von Schulden wird jetzt kommen", analysiert Berners.

Für ihn sei die Besetzung des Wirtschaftsministeriums durch die CDU kein Ersatz: "Die CDU-Führung hat zu verantworten, dass die Partei die Meinungsführerschaft auf diesem Gebiet aufgegeben hat. Statt einer Konzeption auf der Basis unserer Werte spielte nach den Sondierungsgesprächen der Erhalt der Macht mit allen Privilegien wie Sekretärin, Fahrer und Flugzeug etc. die entscheidende Rolle." Berners Fazit: "Ich nenne dies die Arroganz der Macht."

(RP)
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