Herbert Reul Kerze im Dom statt Champagner

Leverkusen · Leichlingen/Köln "Respect! - diesen Wunsch - in Großbuchstaben auf eine Fassade direkt neben dem Dom projiziert - hatte die Stadt Köln in der Silvesternacht für alle sichtbar gemacht. Es ist auch ein zentraler Wunsch des NRW-Innenministers Herbert Reul.

Leichlingen/Köln "Respect! - diesen Wunsch - in Großbuchstaben auf eine Fassade direkt neben dem Dom projiziert - hatte die Stadt Köln in der Silvesternacht für alle sichtbar gemacht. Es ist auch ein zentraler Wunsch des NRW-Innenministers Herbert Reul.

Der Leichlinger ließ es sich nicht nehmen, selbst auf der Domplatte zu sein, um sich ein Bild des Einsatzes zu machen und sich bei den Polizeikräften zu bedanken. Im Interview macht er deutlich, warum Sicherheit seiner Ansicht nach keineswegs nur eine Sache von Polizei, Behörden und Politik ist, sondern eine Aufgabe für uns alle.

Herr Reul, Anfang des vergangenen Jahres hatten Sie vermutlich noch andere Pläne für den Jahreswechsel. Jetzt waren Sie mitten im Kölner Brennpunkt unterwegs - wie wichtig war Ihnen diese persönliche Anwesenheit?

Reul Ich habe Silvester bisher tatsächlich immer mit meiner Familie in Leichlingen gefeiert. Insofern hatte ich in diesem Jahr etwas Erklärungsbedarf. Am Ende haben aber alle verstanden, warum ich unbedingt nach Köln wollte: Sie können als Minister nicht einen solchen Großeinsatz auf den Weg bringen - und dann Champagner trinken und feiern, während die Polizisten mitten im Gewimmel sind. Die haben ja schließlich auch alle Familie.

Ihr bergischer Parteifreund Wolfgang Bosbach leitet die Kommission zur Neuaufstellung der Inneren Sicherheit in NRW. Er hat vergangene Woche im Interview gesagt: "Nach Anschlägen oder vereitelten Anschlagsversuchen sagen wir immer wieder: Wir dürfen unser Leben nicht verändern, sonst hat der Terror gewonnen! Aber wenn wir Weihnachtsmärkte in Hochsicherheitszonen verwandeln, haben wir unser Leben dann nicht schon längst verändert?" Wie würden Sie diese Frage beantworten?

Reul Unser Leben verändert sich ständig. Und natürlich hat auch der Terror unser Leben in Teilen verändert. Aber: Ohne Sicherheit kann es keine Freiheit geben. Was mir aber auch zu schaffen macht, ist die Respektlosigkeit, die immer weiter um sich greift. Das war an Silvester auch zu beobachten: Leute, die Böller in eine Menschenmenge werfen oder Rettungsdienste, die im Einsatz behindert werden. Wir müssen als Gesellschaft wieder zu mehr Respekt im Umgang miteinander finden.

Wie lässt sich aus Ihrer Sicht mit der hohen Belastung der Polizisten rund um das Thema Innere Sicherheit in Nordrhein-Westfalen umgehen - ist mehr Personal wirklich die einzige Lösung?

Reul Mehr Personal ist die Grundvoraussetzung, aber bei weitem nicht alles. Wir müssen die Polizei besser ausrüsten, sie vor allem technisch konkurrenzfähiger machen. Ganz ehrlich: Ich war erschüttert, als ich im Zuge der Aufarbeitung des Falles um den Berliner Weihnachtsmarkt-Attentäter Anis Amri feststellen musste, dass unsere NRW-Polizei über keine Software verfügt, die alle Fotos sofort aussortiert, auf denen eine Waffe mit abgebildet ist. Wir müssen in vielen Bereichen dringend nachlegen. Auch das hat etwas mit Wertschätzung von Polizeiarbeit zu tun.

Was nehmen Sie denn abseits vom dienstlichen Anlass von Ihrem Besuch in der Kölner Silvesternacht mit?

Reul Ich fand es spannend und lehrreich, das Einsatzgeschehen aus nächster Nähe zu beobachten. Und es ist schon beeindruckend, den Jahreswechsel am Kölner Dom zu erleben. Darüber und über manches andere habe ich mich auch mit dem Kölner Domprobst Gerd Bachner unterhalten. Und ich habe eine Kerze in der Kathedrale angezündet, so wie ich das immer gerne tue, wenn ich mal dort bin.

War der Dom denn nicht verschlossen?

Reul (lacht) Doch, aber der Probst hat einen Schlüssel . . .

(RP)
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