Leverkusen Der Krach ums Kreuz

Leverkusen · Das Gezerre um die frühere Johannes-Gemeinde in Manfort dauert an: Superintendent Gert-René Loerken wünscht sich dort ein "Haus der Religionen", in dem Christen, Muslime und Juden unter einem Dach beten.

 Die Johanneskirche steht unter Denkmalschutz.

Die Johanneskirche steht unter Denkmalschutz.

Foto: Miserius

Gert-René Loerken ist ein Mensch, der nach vorne blicken will. "In jedem Abschied steckt ein Neuanfang", sagt der Superintendent, als er von der Manforter Johanneskirche spricht. Einer Gemeinde, die es seit Beginn des Jahres nicht mehr gibt. Nach langen Streitigkeiten hat die Kreissynode die Gemeinde aufgegeben.

Stattdessen hat der Evangelische Kirchenkreis Leverkusen das Gotteshaus mit Gemeindezentrum, Kita, Pfarrheim und Mitarbeiterwohnhaus übernommen. Die Gemeindemitglieder aus Wiesdorf und Schlebusch halten die Johanneskirche am Leben, alle zwei Wochen hält einer der Pfarrer einen Gottesdienst. Eine eigene Gemeinde haben die Manforter aber nicht mehr.

Nun schmiedet der Superintendent neue Pläne für die Kirche und den Stadtteil. Loerken regt an, die frühere Gemeinde in ein "Haus der Religionen" zu wandeln. Einen Vorreiter für diesen Begegnungsort gebe es in Hannover. "Wir haben sehr gute Kontakte zu den Leverkusener Muslimen und Juden - die keine eigene Synagoge haben. Ich kann mir ein gemeinsam genutztes Gotteshaus gut vorstellen."

 Superintendent Gert-René Loerken will die frühere Johanneskirchengemeinde zu einem Haus der Religionen machen.

Superintendent Gert-René Loerken will die frühere Johanneskirchengemeinde zu einem Haus der Religionen machen.

Foto: Kirchenkreis

Als Partner kämen andere christliche, jüdische und muslimische Gemeinden in Frage sowie Diakonie oder Caritas als Wohlfahrt. Auch ein weltliches, kulturelles Angebot schließt Loerken nicht aus.

Es ist ein Plan, der Manfort verändern könnte. Rolf Dieter Müller ist Sprecher der Interessengemeinschaft zum Erhalt der Johanneskirchengemeinde. Der gebürtige Manforter fühlt sich als Protestant, aber weltoffen. "Natürlich können wir Andersgläubige in die Kirche holen - Manfort ist ein Schmelztiegel, hier leben viele Nationen zusammen", sagt Müller. Trotzdem sollten die Protestanten seiner Meinung nach ein "Primärrecht" auf die Kirche haben. "Solange das Kreuz auf dem Dach steht und die Kirche geweiht ist, ist sie evangelisch. Die Protestanten müssen ihre Kirche behalten, ihre Gemeinde, ihren Pfarrer."

Auch wenn die Kirche wegen ihres Denkmalschutzes stehen bleibt: Eine Gemeinde haben die Manforter nicht mehr, diese Entscheidung ist gefallen. Dennoch scheint das Thema emotional noch nicht beendet. "Bevor wir die Kirche öffnen, müssen wir in unserem eigenen Stall aufräumen", meint Müller.

Superintendent Loerken hat jedoch größere Pläne. Und mit denen bezieht er sich auch auf den Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland. Manfred Rekowski hatte angeregt, katholische und evangelische Kirchengemeinden zusammenzulegen. Auch in Leverkusen könnte es sinnvoll sein, Gemeinden zu fusionieren statt sie aufzugeben, sagt er.

"Es werden weniger Kinder getauft, als Menschen sterben. Jährlich schrumpfen unsere Gemeinden um etwa zwei Prozent." Es gebe bereits Gemeinden in denen das gut funktioniere. In Rheindorf beispielsweise habe man zwei Zentren geschlossen und eine zentrale Kirche gebaut. "Das ist also nichts, das wir neu erfinden müssen", sagt Loerken. "Es ist eher eine Frage des Willens."

Das heißt: Es passt nicht überall und nicht jedem. "In einigen historischen Gemeinden mit gewachsener Tradition und hohem symbolischen Wert wäre eine Fusion undenkbar", sagt Loerken und bezieht sich auf die Bielertkirche und St. Remigius in Opladen.

In Manfort würde Loerken mit einem "Haus der Religionen" noch einen Schritt weitergehen. Der Superintendent weiß, dass er mit Gegenwind rechnen muss. Alle Gläubigen müssten ihren Platz finden, nur ökumenische Gottesdienste würden vielen Gemeindemitgliedern nicht ausreichen. "Doch bei allen anderen Angeboten entscheiden die Menschen nicht nach Konfession, sondern nach Inhalt und Qualität."

Davon lebe dann wiederum der Stadtteil. "Ein Viertel ist stark abhängig von den Bürgerangeboten, sonst ist es tot." Manfort, meint der Superintendent, brauche ein Zentrum, eine neue Anlaufstelle für die Anwohner. Diese Lücke könnte aus seiner Sicht ein "Haus der Religionen" füllen. Ob die Idee Bestand hat, wird sich erst in den kommenden drei bis fünf Jahren zeigen. So lange haben die Verantwortlichen Zeit, um ein Konzept zu entwickeln. "Die Gemeinde soll so kurz wie möglich brach liegen, aber diese Zeit brauchen wir."

(veke)
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