Leverkusen Im Erholungshaus spielte Deutschland-Frankreich

Leverkusen · Es müsse schon einen guten Grund geben, die Eröffnung der Fußball-EM sausenzulassen und ins Konzert zu gehen, begrüßte Thomas Helfrich, Leiter der Bayer Kultur, die anwesenden Zuhörer. Während das Erholungshaus normalerweise weitgehend ausverkauft ist, wenn die Bayer Philharmoniker ein Heimspiel geben, hatte man am Freitagabend aufgrund des mäßigen Vorverkaufs die Zwischenwand eingezogen. Immerhin, so schmunzelte Helfrich, habe man gerade ein vorgezogenes Finale erlebt: Deutschland/Frankreich. "Ist doch toll, wenn sowas unentschieden ausgeht", spielte er auf das hervorragende und einfühlsame Mitein-ander der beiden Solisten an. Anders als beim Meisterschafts-Finale profitiert das Konzert für Violine, Violoncello und Orchester a-Moll von Johannes Brahms doch genau davon, wenn zwei hervorragende Instrumentalisten gemeinsam am bestmöglichen musikalischen Ergebnis arbeiten. Dass sie dabei ein gut aufgestelltes Symphonieorchester wie die Bayer Philharmoniker beflügeln und mitreißen, versteht sich von selbst.

Christoph Poppen hat diesen Part in seiner Zeit als Konzertgeiger häufig gespielt, hat aber seit seinem Wechsel ans Dirigentenpult die Geige kaum noch öffentlich in die Hand genommen. Dass er jetzt noch einmal den Solopart übernehmen würde, wie es sich die Bayer Philharmoniker gewünscht hatten, war für ihn Ehrensache. Schließlich nahm er nach dem Benefiz-Auftritt den symbolischen Scheck über 16.000 Euro von Thomas Helfrich entgegen.

Poppen ist Gründer der Plattform "Artists for a better future", die es Künstlern erleichtert, Honorare für Kinder- und Jugendprojekte in der ganzen Welt zu spenden. Die Konzerteinnahmen, auf die Bayer Kultur noch etwas drauflegte und von der "Bayer Science & Education Fountation" verdoppelt wurden, sind bestimmt für die naturwissenschaftliche Förderung besonders talentierter Flüchtlingskinder ohne Deutschkenntnisse in Berlin. Dabei wird Sprachunterricht mit der Ausbildung in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik gekoppelt.

Für seine Rückkehr als Geiger hatte sich Poppen den jungen französischen Cellisten Aurélien Pascal ausdrücklich als Solo-Partner gewünscht. Warum, das spürten die Zuhörer schon beim ersten innigen Soloeinsatz von Pascal, mit dem er im ersten Satz des Brahmskonzertes einen Dialog der beiden Soloinstrumente einleitet, mit ernsthafter Tiefe, sorgsam geführter Melodik und vibrierender Vitalität im Finale. Ein höchst beglückendes "Unentschieden".

Schöner als mit Antonin Dvoráks achter Sinfonie kann man sich kaum in die Sommerpause verabschieden. Bernhard Steiner animierte seine Musiker zu samtweichen Klängen, die Bilder von Kornfelder im leichten Wind heraufbeschwören. Gefolgt von Leichtigkeit, schwingender Eleganz majestätischer Kraft und auch etwas Humor.

(mkl)
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