Leverkusen Hammerharte Arbeit im Freudenthal

Leverkusen · Ein Hammerstock wurde am Samstag im Sensenhammer ausgetauscht - ein Job für starke Männer mit viel Feingefühl.

 Eine halbe Tonne Gewicht bringt der neue Hammerstock, ein dicker Holzstamm, auf die Waage. Mit Fingerspitzengefühl, Muskelkraft und ein paar Hilfsmitteln brachten die Helfer ihn in die vorgesehene Vertiefung.

Eine halbe Tonne Gewicht bringt der neue Hammerstock, ein dicker Holzstamm, auf die Waage. Mit Fingerspitzengefühl, Muskelkraft und ein paar Hilfsmitteln brachten die Helfer ihn in die vorgesehene Vertiefung.

Foto: Uwe Miserius

Die rote Schaufel sticht in die Erde - wieder und wieder und wieder. Eine Erdladung nach der anderen fliegt aus dem rund 1,80 Meter tiefen Loch, das inmitten der großen Halle klafft. Es riecht nach Industrie, ehrlicher Arbeit und einem Hauch Ruhrgebiet. Schon bald wird der neue Hammerstock, der seinen ausgedienten Vorgänger ersetzt und über eine halbe Tonne wiegt, an seinen Platz innerhalb des Lochs und unterhalb des maschinellen Hammers gebracht sein.

Der wiederum ist nahezu über 100 Jahre alt. Schließlich wurden mit der kraftvollen, dunkelgrünen Maschine im jetzigen Industriemuseum Freudenthaler Sensenhammer rund ein Jahrhundert lang Sensen und teilweise andere eiserne Werkzeuge geschmiedet. Die Schlebuscher Fabrik von 1837 ist das erste Industrieunternehmen in Leverkusen - und ein Kind der Industrialisierung im 19. Jahrhundert. "Zu Hochzeiten produzierten die Arbeiter rund 200 Sensen im Jahr", erzählt Gisela Schäperclaus, Vorsitzende des Fördervereins Freudenthaler Sensenhammer. Die hochwertigen und mehr oder weniger von Hand geschmiedeten, scharfen Werkzeuge wurden daraufhin in die ganze Welt verschifft.

 Hier ein Rucken, da ein Schieben: Per Kette wurde der Stamm abgelassen.

Hier ein Rucken, da ein Schieben: Per Kette wurde der Stamm abgelassen.

Foto: Miserius Uwe

Doch damit das heiße, verformbare, aber dadurch nicht gänzlich weiche Material, aus dem in vielen kleinen Arbeitsschritten schließlich eine Sense gefertigt wurde, keinen Bruch erleidet, müssen die teils heftigen Stöße des Hammers abgefedert werden - und an dieser Stelle kommt der so genannte Hammerstock ins Spiel. Dabei handelt es sich um einen zugeschnittenen Teil eines Baumstamms, der in den Boden eingelassen und oberhalb mit eisernen Ringen fixiert wird, damit er nicht nach zwei, drei Schlägen auseinanderbricht. "Der erste Hammerstock wurde 2009 ausgetauscht", erzählt Schäperclaus, "mittlerweile müssen wir das häufiger tun."

Im Normalfall hielt das Holz rund 60 Jahre. Durch die häufige Benutzung verdichtete es sich und konnte so kaum durch die Feuchtigkeit im Boden angegriffen werden - das ist nun anders, die Schmiede-Vorführungen in dem bis 2005 renovierten Museum finden dafür zu selten statt. Seitdem mussten drei der Stämme ersetzt werden. Und das nimmt Zeit in Anspruch.

Immer wieder muss der schwere Stamm, der an einer auf einer Schiene befindlichen Kette, die von der Decke gelassen wurde, aufgehängt ist, an das Loch herangeführt werden, bis er mit einem kleinen Ruck die richtige Position erreicht hat. Schließlich sitzt er dann doch, nur die Schabotte - eine Art Amboss, der in den Stamm eingelassen wird - fehlt noch.

Gerade im kaufmännischen Bereich sucht das Museum weiter Freiwillige. "Es ist sehr schwierig, jemanden zu finden, gerade am Wochenende", seufzt Schäperclaus.

(brü)
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