Leverkusen Frühstück mit dem Kardinal

Leverkusen · Beim Besuch der Obdachlosenhilfe brachte Rainer Maria Woelki Geschenke mit.

 Kardinal Woelki hörte sich beim Frühstück an der Schulstraße an, was Wohnungslose auf ihrem Herzen hatten.

Kardinal Woelki hörte sich beim Frühstück an der Schulstraße an, was Wohnungslose auf ihrem Herzen hatten.

Foto: Uwe Miserius

Die Tische waren gedeckt, aber noch längst nicht alle Plätze besetzt, obwohl der Kardinal zum vereinbarten Frühstückstermin in der Leverkusener Obdachlosenhilfe schon überfällig war. Wahrscheinlich scheuten einige, die sich bei solch nasskaltem Wetter sonst gerne mit Kaffee aufwärmen, den Rummel um den hohen Besuch, erklärte Stefanie Strieder, Leiterin des Fachdienstes für soziale und berufliche Integration beim Caritasverband Leverkusen. Dafür habe er Verständnis, versicherte Rainer Maria Kardinal Woelki, als er endlich zwischen wohnungslosen Menschen Platz genommen hatte. Und er bestellte ausdrücklich herzliche Grüße an alle, die ihm und dem Journalisten-Aufgebot lieber aus dem Weg gingen.

Heinrich Garijs aber scheute die Öffentlichkeit nicht. Und so nahm er - stellvertretend für alle Wohnungslosen, die tagsüber den Treff an der Schulstraße ansteuern - das erste Geschenk des Kölner Erzbischofs entgegen. Vorher hatte dieser an den Heiligen Martin und das Weihnachtsevangelium erinnert. Zwei Geschichten, die keineswegs rückwärtsgewandte Folklore seien, sondern nach wie vor aktuell. Sowohl die einer jungen Familie, die in der Fremde kein Obdach findet, als auch die des frierenden Obdachlosen, mit dem Sankt Martin seinen Mantel teilte. Woelki zerschnitt kein Kleidungsstück, aber er brachte für jeden eine warme Decke mit und eine kleine Bratpfanne mit Pfannenwender. "Die kann man jetzt gut gebrauchen", nickte Garijs, nahm erst die schwarze Flauschdecke entgegen und dann die Pfanne, "für ein Spiegelei".

Nach seiner Ansprache setzte sich der Kardinal an einen der gedeckten Tische und unterhielt sich mit den Wohnungs- und Arbeitslosen, während er sein Brötchen schmierte. Woelki hat sich in den letzten zwei Jahren sehr stark in der Flüchtlingsarbeit engagiert. Manche warfen ihm vor, jene zu vergessen, die schon lange vor Ort am Rande der Gesellschaft leben. Mit Aktionen wie dem Frühstück will er signalisieren, dass dies keineswegs so ist. Und er zählte einige Beispiele auf, wie in Köln wohnungslosen Menschen geholfen werde.

Nach vielen politischen Fehlentscheidungen seien Sozialwohnungen und damit bezahlbarer Wohnraum verloren gegangen. 860.000 Menschen seien derzeit obdachlos in Deutschland - "einem Sozialstaat und reichen Land wie unserem, das ist schlimm". Das sei eine Steigerung von 150 Prozent gegenüber dem Jahr 2014. Alleine 30.000 Wohnungslose seien Minderjährige. "Deswegen ist es so wichtig, dass wir uns als Institutionen für sie einsetzen, so wie hier die Caritas."

Die bietet Wohnungslosen rund um die Uhr Schutzräume: nachts in der nahe gelegenen Notschlafstelle, tagsüber im Treff an der Schulstraße 36. Hier können sich die Besucher aufwärmen, Essen kochen, ihre Wäsche waschen und duschen. Sie haben abschließbare Spinde, damit sie ihre Habe nicht in Plastiktüten mittragen müssen. Außerdem ist im Haus eine Beratungsstelle mit Wohnungsvermittlung.

(mkl)
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