Fischer-Konzern Tochter des Dübel-Erfinders klagt Erbe ein

Leverkusen/Waren · Die schwerbehinderte Tochter des Fischer-Dübel-Erfinders, eines der reichsten Männer Deutschlands, zieht gegen den Vater vor Gericht. Sie will den Vertrag auf Erbverzicht, den sie mit ihrem Vater geschlossen hat, annullieren lassen.

Der Erfinder des S-Dübels aus Polyamid, der Fischer-Technik-Baukästen und des Blitzlichtgerätes für Fotoapparate hat ein internationales Imperium aufgebaut. Der heute 95-jährige Artur Fischer zählt zu Deutschlands 500 reichsten Männern, ebenso sein Sohn Klaus, der mittlerweile den Konzern leitet. 350 Millionen Euro soll das Familienvermögen betragen. Einzig die Tochter, die seit ihrer Kindheit schwerbehinderte Margot Fischer-Weber, fühlt sich von der Erfolgsgeschichte ihrer Familie ausgeschlossen - und sogar vom künftigen Erbe ihres Vaters. Dagegen zieht sie nun mit Hilfe des Leverkusener Rechtsanwaltes Guido Lenné vor Gericht. Sie versucht, ihren Erbverzichtsvertrag, den sie im Alter von 36 Jahren unterschrieben hat, nun als sittenwidrig annullieren zu lassen.

Die heute 67-jährige Margot Fischer-Weber ist von Geburt an fast taub: "Ein behindertes Kind passte nicht in die Erfolgswelt meines Vaters", schreibt sie unserer Redaktion. Denn sie könne trotz Hörgerät schlecht telefonieren, weil sie darauf angewiesen sei, ihrem Gegenüber vom Mund abzulesen. Erst mit 19 Jahren habe sie ihr erstes Hörgerät bekommen, auf Betreiben eines Arztes - nicht ihrer Eltern, wie sie es darstellt: "Meiner Mutter war es nur wichtig, dass ich lange Haare trug, damit man das Hörgerät nicht sieht", schreibt sie. Als noch unverheiratete junge Frau habe sie sich im Elternhaus immer nur geduldet gefühlt.

So habe sie den folgenschweren Erbverzichtsvertrag unterschrieben. Im Protokoll einer Gerichtsverhandlung heißt es, der Notar habe den Vertrag in der Hand gehabt. Er habe runtergeguckt und leise vorgelesen. Margot Fischer-Weber habe nichts verstanden. Sie habe sich immer als lästiges Anhängsel der Familie gefühlt, sei auch nicht gefördert worden, beklagt die fast taube Frau. So habe sie keinen Hauptschulabschluss und keine Berufsausbildung. Sie sei lediglich in die Poststelle des Konzernes "gesetzt" worden. Und nach 35 Jahren habe ihr Bruder ihr eine Änderungskündigung vorgelegt.

Weitere Schicksalsschläge zählt die 67-Jährige auf: Ihr Verlobter sei tödlich verunglückt bei einem Autounfall; ihr späterer Ehemann sei mit nur 48 Jahren an Krebs verstorben. Und vom Tode ihrer Mutter habe sie lediglich aus einer Zeitungsanzeige erfahren, berichtet Margot Fischer-Weber.

Nach Jahren der Krankheit, in denen sie von ihrer Erwerbsunfähigkeitsrente gelebt habe, "begann ich, mir meinen Schmerz von der Seele zu schreiben", stellt sie fest. Doch statt vor Gericht zu ziehen, machte sie damals einen folgenschweren Fehler und berichtete über ihre Geschichte auf einer Internetseite. Vater und Bruder machten daraufhin aber einen Unterlassungsanspruch geltend. Ihr wurde vom Landgericht Heilbronn untersagt, einen Teil der auf der Internetseite getätigten Äußerungen gegen ihre Familie zu verwenden.

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Foto: dpa, Armin Weigel

Im Gegenzug hat sie nun begonnen, den Erbverzicht anzufechten - warum erst jetzt? "Ich habe lange gebraucht, um zu realisieren, dass so, wie mit mir umgegangen wurde, nicht normal ist", schreibt sie unserer Redaktion und fügt hinzu: "Und letztlich brauchte ich den richtigen Rechtsanwalt, einen, der vor keinem großen Gegner Angst hat." Denn über Guido Lenné habe sie gelesen, dass er sogar das Land Argentinien auf Rückerstattung von Staatsanleihen für seine Mandanten verklagt hatte.

Es gab zwar in diesem Jahr bereits eine Vergleichsverhandlung, bei der Fischer-Weber von einer früheren Anwältin vertreten wurde. Die Familie habe ihr eine einmalige Abfindung aus dem künftigen Erbe und eine monatliche Rentenzahlung angeboten. Der Leverkusener Anwalt will aber als mittlerweile alleiniger Bevollmächtigter von Margot Fischer-Weber erreichen, dass sie so gestellt wird, als ob sie den aus seiner Sicht sittenwidrigen Erbschafts-Verzichtsvertrag nie unterzeichnet hätte. Eine gütliche Einigung sei zwar nicht ausgeschlossen. Guido Lenné sagt aber auch: "Wir bereiten uns auch schon auf eine weitere streitige Auseinandersetzung vor."

Auf Nachfrage unserer Redaktion bei der Anwaltskanzlei, die Artur und Klaus Fischer vertritt, kam die Antwort: "Eine Stellungnahme wird durch die Herren Fischer nicht erfolgen, da es sich um eine private Familienangelegenheit handelt."

(RP)
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