Leverkusen Feinstaub-Initiativen sagen harte Fahrverbote voraus

Leverkusen · SPD-Politiker Karl Lauterbach, Lungenfacharzt Norbert Mülleneisen und Anwalt Frank Sedlak informierten gestern zu der Problematik.

 Umweltzonen-Schilder wie dieses könnten sich bald überlebt haben. Experte Lauterbach rechnet mit wesentlich strengeren Fahrverboten.

Umweltzonen-Schilder wie dieses könnten sich bald überlebt haben. Experte Lauterbach rechnet mit wesentlich strengeren Fahrverboten.

Foto: PMG (Archiv)

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach und der Leverkusener Lungenfacharzt Norbert Mülleneisen haben eines gemeinsam: Sie essen jeden Tag ein halbes Kilo Blaubeeren. Warum sie das tun, erklärten die beiden gestern bei einer Pressekonferenz zum Thema Luftreinhalteplan: "Die Blaubeere", sagte Lauterbach, "ist ein Lebensmittel mit hohem Anteil an so genannten Antioxidantien." Die wiederum schützen unsere Körperzellen vor schädlichen Einflüssen - Feinstaub etwa.

Und da der SPD-Politiker derzeit täglich in Leverkusen Wahlkampf auf Straßen betreibt, die nach seinen eigenen Worten mit hohen Feinstaub-Werten belastet sind, versucht er sich mit den Blaubeeren "so gut es geht zu schützen". Mülleneisen betonte, man habe sich nicht abgesprochen, "aber ich mache es seit Jahren genauso".

Damit war die Botschaft gesetzt: Die Feinstaub-Belastung in der Stadt ist zu hoch, und droht zu einer echten Gesundheitsgefahr zu werden - da müsse der Luftreinhalteplan, an dem Leverkusen gerade arbeite so streng gefasst werden, wie nur möglich.

Genau das bezweifeln aber die "Interessenvertretung Köln/Leverkusen" und die Bürgerliste, die zum Expertengespräch in die Gaststätte Rheindorfer Treff eingeladen hatten. Die Arbeiten am Luftreinhalteplan für Leverkusen, führte Bürgerlisten-Chef Erhard Schoofs aus, seien zwar angelaufen, "gestalten sich aber nach unserer Meinung recht zögerlich und unstrukturiert. Deshalb wollen wir einen Arbeitskreis aus Experten und anderen Interessierten Gründen, um diese Arbeiten zu begleiten, möglicherweise aber auch mit der Deutschen Umwelthilfe zusammen Klage zu erheben".

Die Umwelthilfe, betonte der Kölner Fachanwalt Frank Sedlak, mache in Sachen saubere Luft derzeit mächtig Druck auf 45 deutsche Städte, darunter auch Leverkusen. Sie hat ein Rechtsverfahren eingeleitet, wonach sich die Stadt bis zum 21. September dazu äußern muss, welche kurzfristig wirksamen Maßnahmen sie beispielsweise gegen die Stickstoffdioxid-Belastung (NO2) ergreift. Den Grenzwert habe Leverkusen um mehr als zehn Prozent überschritten

Für Karl Lauterbach ist Stickstoffdioxid nur eine Seite des Problems. Er wies noch einmal auf die neue Studie der Universität Harvard hin, der zufolge künftig mit 150-200 zusätzlichen Todesfällen im Stadtgebiet allein durch Feinstaubbelastung zu rechnen sei. "Wir wissen heute, dass vor allem Kinder und ältere Menschen gefährdet sind", berichtete der Professor und Politiker. Von Asthma und Verhaltensauffälligkeiten im Kindesalter bis hin zu schnell fortschreitender Demenz im höheren Alter seien Auswirkungen nachweisbar. "Wenn wir jetzt nichts tun, wie etwa die Feinstaubbelastung durch einen langen Tunnel für die Autobahnen eins und drei im Stadtgebiet massiv zu senken, werden wir erleben, dass nicht nur Grenzwerte verschärft, sondern künftig auch massive Fahrverbote ausgesprochen werden."

Leverkusen drohe dann die paradoxe Situation, "dass viele Autos in der Stadt nicht mehr fahren dürfen, damit der Lkw Durchgangs-Verkehr hier ungebremst weiterrollen kann".

(RP)
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