Leverkusen Experten: Mafia auch in Lev

Leverkusen · Auch wenn es still um die Mafia geworden ist, habe sie sich keineswegs zurückgezogen, betonen Experten bei einer Podiumsdiskussion in Köln. Leverkusen diene als Rückzugsraum für das organisierte Verbrechen.

Mafiamorde: Festnahmen in NRW und Italien
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Mafiamorde: Festnahmen in NRW und Italien

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Fünf Jahre nach den Mafiamorden von Duisburg ist es still geworden um die Aktivitäten der Mafia in Deutschland. Doch sie habe sich keinesfalls zurückgezogen, betonten Experten am Samstag bei einer fünfstündigen Podiumsdiskussion im Kölner Polizeipräsidium. "Auch für die Mafia war Duisburg ein Problem", sagte Roberto Scarpinato, leitender Oberstaatsanwalt der Anti-Mafia-Direktion Palermo. Die Mafia wolle in Deutschland lieber im Stillen operieren.

Idealer Raum für Geldwäsche

Dabei ginge es weniger um Schutzgelderpressung. Scarpinato, machte bei der Veranstaltung der Initiative "Kultur der Legalität" in Köln deutlich, dass Deutschland für die italienische Mafia vor allem "ein idealer Raum für die Geldwäsche und den Rückzug" sei.

Kölns Kripochef Norbert Wagner bescheinigte, dass sich in der Kölner Region vor allem die sizilianische Cosa Nostra niedergelassen habe, was vor allem historische Gründe habe.

Sechs Morde werden in Köln seit 1987 dem Mafia-Milieu zugerechnet, es gab 20 Verfahren wegen Schutzgelderpressung, Geldfälschung, Schwarzarbeit und Kokainschmuggel. Der spektakulärste Fall in Leverkusen dürfte der im Jahr 1991 gewesen sein, als die Polizei drei Killer der Cosa Nostra enttarnte, die als Kellner in einem Restaurant arbeiteten. Die Männer hatten ein Jahr zuvor den italienischen Richter Rosario Levatione in seinem Auto erschossen, einen Freund des später ebenfalls ermordeten Mafiajägers Giovanni Falcone.

Auch Oberstaatsanwalt Scarpinato schilderte einen Fall aus dieser Gegend, einer Firma aus Solingen, die von einem Mafioso geleitet wird: "In Italien wurde er zu einer hohen Freiheitsstrafe verurteilt, in Deutschland kann er weiter seinen Geschäften nachgehen." Begründung: Die deutsche Polizei habe ihm nicht nachweisen können, dass er die Firma mit Geldern aus illegalen Geschäften aufgebaut habe. Die Gesetzgebung in Deutschland ermögliche der Mafia daher zu einer unauffälligen Wirtschaftsmacht aufzusteigen. Das habe dann nichts mehr mit Einschüchterungen und Morden zu tun, wie man sie aus Kinofilmen über die Mafia kenne.

Wer dagegen in Italien über ein hohes Vermögen verfügt, dessen Ursprung er nicht erklären kann, habe ein Problem. Scarpinato fordert daher die Möglichkeit eines "großen Lauschangriffs" in Deutschland und ein "Geldwäschegesetz", was die Arbeit der Polizei deutlich erleichtern würde. Was übrigens auch Egbert Bülles, Oberstaatsanwalt a.D. aus Köln, bemängelte: "Wir brauchen ein Gesetz, dass der Betroffene beweisen muss, woher er das Geld hat." Bestenfalls in Zusammenarbeit mit der Steuerfahndung finde man in Deutschland einen Ansatz für die Verfolgung solcher Straftaten.

Mafia im Baugewerbe aktiv

Die Kölner Sonderermittler, so Kripochef Wagner, würden daher in Buchhaltung und Steuerrecht fortgebildet, um der Unterschlagung von Sozialleistungen und der Steuerhinterziehung vor allem im Baugewerbe auf die Spur zu kommen. Geldfälschung, Schutzgelderpressung und Drogenhandel seien zumindest in Deutschland nicht mehr so lukrativ, hieß es. Das seien Verbrechen, die schnell auffliegen könnten, die Polizei würde aufmerksam und würde die weitaus lukrativeren Geschäfte stören.

(sg)
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