Leverkusen Erinnerungen an eine Zeit des Fußballs ohne Zeitlupe

Leverkusen · Manni Breuckmann, 36 Jahre Fußballreporter beim WDR-Hörfunk, kennt so einige Geschichten. Die Besucher kamen auf ihre Kosten.

 Anekdote reiht sich an Anekdote: Manni Breuckmann ist im Stadioneck ganz in seinem Element: Zentrale Figur neben dem Fußball - natürlich er selbst.

Anekdote reiht sich an Anekdote: Manni Breuckmann ist im Stadioneck ganz in seinem Element: Zentrale Figur neben dem Fußball - natürlich er selbst.

Foto: uwe Miserius

Es war voll, sehr voll. Das "Stadioneck", Fankneipe der Anhänger von Bayer 04, platzte aus allen Nähten. Genau 72 Leverkusener jeden Alters waren gekommen, um den Anekdoten von Reporterlegende Manni Breuckmann zu lauschen. Die Einnahmen, die aus diesem Abend entstanden, wurden dabei gänzlich der Lebenshilfe Leverkusen übergeben, die sich um die Belange behinderter Menschen kümmert. Und dann fing Breuckmann an zu erzählen.

Seine Beziehung zu Bayer 04 war - so kann man es sicher sagen - Liebe auf den zweiten Blick. "Ich komme ja eigentlich aus dem Lager, in dem man immer von Pillenklub sprach", scherzt der 64-Jährige. "Das hat sich im Laufe der Jahre aber geändert." Es war im Jahr 2000, als Breuckmann abends, im strömenden Regen auf der Pressetribüne in Lissabon saß. Es war das letzte Champions League-Spiel in der Gruppenphase - ein schnödes 0:0 vor rund 8000 Zuschauern.

"Ich vegetier also so vor mich hin, bis es aus dem Hintergrund aus circa 20 bis 50 biergetränkten Männerkehlen schallt: 'Manni Breuckmann, Fußballgott'" - der Tag war gerettet. Und auch den wohl bisher größten Erfolg der Vereinsgeschichte erlebte der Fußball-Reporter hautnah mit: den Gewinn des Uefa-Pokals 1988.

Sein erster Torschrei in der Liveschalte des WDR fiel in seiner Zeit in Wattenscheid. Die 09er spielten damals gegen den VfR Neuss. Ja, in der Bundesliga. "Ein Spiel, in dem es um nichts weniger als die Ehre ging", sagt Breuckmann lachend. Es war der 7. März 1972, etwa 16.36 Uhr. Im Ruhrgebiet ging alles seinen gewohnten Gang. Doch schon eine Minute darauf war nichts mehr so, wie es mal war. "Die Luft fing an zu vibrieren. Bäume bogen sich im Wind. Plötzlich schallt eine brüllende Stimme über das Land: 'TOOOOR IN WATTENSCHEID, DIE ENTSCHEIDUNG!'" - es war der 20-jährige Manni Breuckmann.

Tricks im Radio hat sich der heutige Rentner (das aber auch nur auf dem Papier, wie er selbst sagt) im Lauf seiner Karriere haufenweise angeeignet. So war es damals üblich, die Reporter nach Minuten zu bezahlen. In das Freitagsspiel der Bundesliga wurde zur Schlussphase live übergeben. Allerdings liefen um 21 Uhr die Nachrichten, danach noch ein Kommentar und etwaige andere News. "Da konnte es sein, dass man nur zwei Minuten Sprechzeit hatte", erzählt Breuckmann, "also ging man vorher zum Schiedsrichter und fragte nach, ob der das Spiel nicht drei Minuten später anpfeifen könne. Würde man das heute machen, sie würden dich einweisen." Und auch für ein Tor, das aus dem Gewühl heraus entsteht, gibt es einen Trick. Damals, noch ohne Monitore und Zeitlupe, konnte manchmal nicht genau bestimmt werden, wer das Tor geschossen hatte. "Man umschreibt einfach so lange die Szene, bis auf der großen Anzeigetafel", Manni Breuckmann hebt beide Arme, "der Torschütze gezeigt wurde" - und schon war das Problem gelöst.

(brü)
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