Leverkusen Endlich Hilfe für Wiesdorfer Obdachlosen

Leverkusen · In der Innenstadt lebt ein stark verwahrloster Obdachloser. Anwohner hatten kritisiert, dass sich die Behörden nicht um den Mann kümmerten. Aber jemandem gegen seinen Willen zu helfen, ist nicht so einfach.

Das Schicksal des Obdachlosen, der auf einer Parkbank in der Wiesdorfer Innenstadt völlig verwahrlost, berührt viele Leverkusener. "Der Mann lebt da seit fünf, sechs Jahren", sagt Markthändler Franz Arentz. "Aber erst seit gut einer Woche ist es um ihn ganz schlimm bestellt." Er könne nicht verstehen, dass niemand eingreife. Auch am Freitag habe er den Mann in unverändert schlechtem Zustand dort gesehen. "Der sitzt da den ganzen Tag in der prallen Sonne und weiß gar nicht mehr, was er tut. Ich finde es traurig, dass es in unserer Gesellschaft nicht möglich sein soll, so einem Menschen zu helfen."

Stadt und Polizei hatten auf Bürgerhinweise zwar mehrfach bei dem Obdachlosen vorbeigeschaut, aber keinen Anlass zum Handeln gesehen. "Ich habe selbst beobachtet, wie Mitarbeiter des Ordnungsamtes mit dem Mann geredet haben. Das ist sinnlos", ärgert sich Arentz. "Er ist in einem solchen Zustand, dass man nicht mehr mit ihm reden kann."

Mann wollte keine Hilfe

Jemandem gegen seinen Willen zu helfen, ist allerdings auch nicht so einfach, sagt der Berufsbetreuer Eberhard Kühn, der sein Büro in Opladen hat. Jemanden unter Betreuung zu stellen, gehe nur mit dem Einverständnis des Betroffenen - "es sei denn, er kann keinen freien Willen mehr entwickeln". Voraussetzung für eine Betreuung sei eine psychiatrische Erkrankung. Zudem müsse ein Psychiater in einem Gutachten die Betreuung empfehlen. "Trunkenheit alleine ist zum Beispiel kein ausreichender Grund dafür, jemanden unter Betreuung zu stellen", erklärt Kühn. Dasselbe gelte für eine Verwahrlosung.

"Das Bundessozialgericht hat vor Jahren sinngemäß geurteilt, dass jeder Mensch ein Recht auf Verwahrlosung habe." Allerdings habe auch dies seine rechtlichen Grenzen. Nämlich dann, wenn jemand dadurch "in Gesundheit und Leben gefährdet sei", sagt der Berufsbetreuer. Dann wiederum liege eine Eigengefährdung vor, bei der im Notfall auch eine Zwangseinweisung in eine Behandlungsstätte möglich sei. Geregelt sei dies im Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (PsychKG NRW). "Übrigens kann jeder Bürger eine Betreuungsanregung beim Amtsgericht geben. Dazu muss man keine Amtsperson sein", erklärt Kühn. Es seien damit auch keine Kosten, beispielsweise für Gutachten, verbunden. "Das regelt alles das Betreuungsgericht am Amtsgericht. Es prüft natürlich auch, ob die Voraussetzungen für eine Betreuung vorliegen."

Krankenwagen holt Obachlosen ab

In Wiesdorf hat sich am Freitag dann doch noch einiges getan. "Ein Krankenwagen hat den verwahrlosten Obdachlosen abgeholt", berichtete eine Anwohnerin erleichtert. Möglicherweise geschah dies auf Veranlassung des Sozialpsychiatrischen Zentrums (SPZ), das jetzt von der Stadt eingeschaltet worden war. Das SPZ wollte allerdings gegenüber unserer Redaktion keine Auskunft darüber geben.

(sug)
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