Leverkusen Ein wenig Oper und viel Tanztheater

Leverkusen · Die Uraufführung von "still", die Bayer Kultur auf der Bühne des Erholungshauses realisierte, räumte mit den herkömmlichen Vorstellungen einer traditionellen Oper auf. Es gab nur ein Instrument und viel Tanztheater.

 Eine Szene aus der ungewöhnlichen Oper "still", die Bayer Kultur jetzt als Uraufführung auf die Bühne des Erholungshauses holte.

Eine Szene aus der ungewöhnlichen Oper "still", die Bayer Kultur jetzt als Uraufführung auf die Bühne des Erholungshauses holte.

Foto: Bernd Uhlig/Bayer Kultur

Kammerkonzert, Liederabend oder Tanztheater? In welche Schublade lässt sich diese Eigenproduktion von Bayer Kultur stecken, die jetzt auf der Erholungshausbühne uraufgeführt wurde? Ein Blick in den Spielplan zeigt: "still" ist unter der Rubrik Oper zu finden. Tatsächlich hat diese von Juan Kruz Diaz de Garaio Esnaola inszenierte Präsentation Alter Musik etwas von diesem Genre, aber doch eigentlich nichts mit unserem Verständnis von Oper, zu tun. Es gibt kein durchgehendes Libretto mit stringenter Handlung, keine durchgehenden Rollen.

Den Text gibt eine Reihung von Lautenliedern aus dem 16. Und 17. Jahrhundert vor, die - sehr passend zum Beginn der besinnlichen Jahreszeit des Gedenkens - um das Thema "Zeit" kreisen. Sorgsam ausgewählt von Isabelle Kranabetter, die John Dowlands titelgebenden Song "Time stands still" ins Zentrum setzte. Der Orchestergraben ist geschlossen, denn es gibt nur einen einzigen Instrumentalisten. Und Magnus Andersson spielt seine Laute auf der Bühne, wo er als Protagonist ins Geschehen einbezogen ist. Es gibt nur eine, aber dafür exzellente Sängerin (Robin Johannsen), bis auf wenige kurze Zugaben. Handelnde sind vor allem die Tänzer Luc Dunberry und Joel Gómez Suárez, die szenisch Geschichten erzählen und Facetten des Ausdruckstanzes nutzen. Auch die sparsame Ausstattung der schwarz ausgeschlagenen Bühne, von der sich die weißen Kleidungsstücke abheben, entspricht dem Tanztheater. Einzige Requisiten sind die schlichten Holzstühle, die zunächst vereinzelt in kleinen Kies-Beeten stehen, bevor sie während der Handlung nicht nur als Sitzmöbel gebraucht werden. Mit den kleinen weißen Steinen lässt sich trefflich spielen. Beim ausgelassenem Treiben nach der alten Tradition der Maskeraden zu entsprechenden Liedern mit locker und leicht perlenden Koloraturen knirschen die Schritte. Als symbolische Tränen lassen sie die Tänzer von den Augen der Sängerin rollen, während sie ein Lied über Kummer und Schmerz und die Vergänglichkeit des Lebens singt. Mit fester, klarer Stimme, die eine wohlig weiche Traurigkeit vermittelt.

Mit einzelnen Steinchen wird ein Weg markiert und später wird ein Unwetter aufziehen, der Bühnenhimmel aufbrechen, um einen ausgiebigen Kieselhagel auf den schwarzen Grund zu ergießen. Ein optisch eindrucksvoller Effekt. Nicht weniger eindrucksvoll waren die wirklich stillen Momente wie der Beginn auf halbdunkler Bühne oder die anrührende Schlussszene. Leiser Gesang und mutig lange Pausen zwischen den Versen ließen geradezu den Atem anhalten. Da wurde es so still im Saal, dass die Zuhörer ihren eigenen Herzschlag hören mochten.

(mkl)
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