Klinikum Leverkusen Die Zukunft im OP gehört dem Roboter

Leverkusen · Das Rote Sofa der Rheinischen Post, in dieser Folge im OP-Trakt: Der neue Chefarzt der Viszeral- und Thorax-Chirurgie am Klinikum, Professor Nico Schäfer, spricht über Karriere, Krankenkassen und Klinikzukunft.

 Der neue Viszeral- und Thoraxchirurgie-Chefarzt Nico Schäfer hat im ambulanten OP-Trakt des Klinikums neben RP-Redakteurin Ludmilla Hauser Platz auf dem Roten Sofa genommen.

Der neue Viszeral- und Thoraxchirurgie-Chefarzt Nico Schäfer hat im ambulanten OP-Trakt des Klinikums neben RP-Redakteurin Ludmilla Hauser Platz auf dem Roten Sofa genommen.

Foto: Uwe Miserius

Er konnte gar nicht anders. Der Vater HNO-Arzt, die Mutter Medizinisch-technische Assistentin, der Onkel Zahnarzt. "Ich bin früh mit auf Visiten gegangen. Alles andere hat sich dann in Richtung Medizin ergeben", erzählt Prof.

Nico Schäfer, neuer Chefarzt für Thorax- und Viszeralchirurgie am Klinikum, zu den Anfängen seiner Karriere, die ihn später während eines Studienpraktikums im Münchner "Klinikum Rechts der Isar" eher zufällig in die Chirurgie führte. Und zu seiner heutigen Frau, einer Kardiologin. "Die habe ich am Anatomiepräparationstisch im Studium kennen gelernt", sagt Schäfer und muss grinsen ob der zweifelhaften Romantik am Seziertisch.

Überhaupt ist der Neue im Zirkel der Klinikum-Chefärzte ein heiterer Typ, Mitte 40, vierfacher Vater, der entspannt im ambulanten OP-Trakt Platz nimmt auf dem Roten Sofa der Rheinischen Post. Schäfer ist aber auch ein Macher. Einer, der Ziele hat.

Etliche Jahre war er Oberarzt an der Uni-Klinik Bonn, wollte sich weiterentwickeln. Die Stelle am Klinikum bezeichnet er als "non plus ultra". Erstens, "weil das Klinikum eines der größten Krankenhäuser in NRW ist, das außer Transplantationen das ganze operative Spektrum anbietet." Zweitens habe er für den Jobwechsel seine Familie nicht aus Köln entwurzeln müssen. Und drittens könne er erstmals in OP-Sälen mit Fenstern nach draußen arbeiten. "Blick in den Wald."

Schäfer steht jeden Tag im OP. Aber er muss sich auch Räume schaffen für das, was den Chefarztposten ebenso bestimmt: Management. Personalführung, Leistungszahlen, Pflegebereichsleitung - "ein BWL-Grundverständnis sollte man sich angeeignet haben, das lernt man nicht im Studium", sagt er.

So muss der Mittvierziger etwa wissen, dass die Minute im Zentral-OP-Saal teurer ist als im relativ neuen ambulanten OP-Zenturm des Schlebuscher Klinikums. Ambulantes Operieren nehme einen immer höheren Stellenwert ein, "von vielen Krankenkassen werden Operationen ins Ambulante überführt, um Kosten zu sparen", sagt Schäfer.

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Foto: Ecovacs

Aber bei vielen kleineren Eingriffen biete sich das auch an - Blasenspiegelungen, kleinere Frakturen, im HNO-Bereich, der Gynäkologie, nennt er Beispiele. Andererseits, und da kommt die Managerseite seines Berufs durch, wolle sich das Klinikum mit einem ambulanten OP-Zentrum, das gerade auch von niedergelassenen Ärzte in Anspruch genommen werden soll, gegenüber der Konkurrenz privater Kliniken behaupten. Ambulantes Operieren ist laut Schäfer aber nicht mit oberflächlich gleichzusetzen.

Er zum Beispiel hat es sich zur Aufgabe gemacht, vor jeder OP - ob im ambulanten oder im Zentral-OP - nochmal mit dem Patienten zu sprechen. "Ich muss den Menschen gesehen haben", sagt er schlicht, und das Gespräch wendet sich Grenzbereichen zu.

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Foto: rtr, SR/MJB

Neben aller minimalinvasiver Chirurgie - bis 70 Prozent der Eingriffe laufen am Klinikum nach diesem Verfahren -, neben aller Technik und Vorkehrungen, manchmal bleibt ein Patient etwa mit Vorerkrankungen auf dem OP-Tisch. Das passiere jedem Chirurgen, sagt der Arzt. Auch in Schäfers Karriere ist es vorgekommen. Dann den Angehörigen den Tod mitteilen zu müssen... Schäfer wird leise. Das zu verarbeiten, sagt er, brauche Zeit und die Unterstützung der eigenen Familie.

Dennoch: Auch ein hartes Gespräch mit Patienten und Angehörigen ist unumgänglich. "Wenn man jemandem sagen muss, dass man seinen Tumor nicht ganz hat entfernen können, dafür braucht man Zeit, den richtigen Ort, den richtigen Tonfall." Er hält nichts vom Beschönigen. "Man muss die Wahrheit sagen. Aber man muss Patienten immer auch ein bisschen Hoffnung geben." Deswegen sei die Frage eines schwerkranken Patienten, wie lange er noch zu leben habe, eine der schwierigsten. Abgucken könne man sich nichts, auch nicht von den US-Arztserien, die Schäfer als Student gerne gesehen hat.

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Foto: dpa, spf bsc

Von einem Grenzbereich in den nächsten. Es geht um robotische Chirurgie. "Das ist die Zukunft", sagt der Chefarzt wieder gelöst. Eine, die derzeit noch viel zu teuer ist. Ein Roboter koste rund 2,3 Mio. Euro, dazu kämen rund 300.000 Euro Wartungskosten und 12.000 Euro fürs OP-Instrumentarium. "Das ist im Alltagsgeschäft noch nicht realisierbar."

Aber bald drängten andere Anbieter auf den Markt, die Geräte würden so günstiger und weiterentwickelt zu kleineren und leichter zu bedienenden Varianten. Der Vorteil: "Mit dem Roboter kann ein Arzt auf kleinen Raum hochpräzise arbeiten", schwärmt der Arzt. Bisher gebe es am Klinikum einen Roboter, der für urologische und gynäkologische Eingriffe genutzt werde. Auf lange Sicht werde sich diese Art zu operieren auf andere Bereiche ausweiten.

Apropos ausweiten. Dem gebürtigen Bergisch Gladbacher schwebt der Ausbau seiner Klinik zum zertifizierten Viszeralonkologischen Zentrum vor, spezialisiert etwa auf Darm- und Bauchspeicheldrüsenkrebs. Auch das ein medizinischer und ein ökonomischer Schritt. Das Sofagespräch geht in Richtung Finanzdeckelung von Kliniken. "Die wird bleiben", prophezeit Schäfer, der sich als ehrlich, gut gelaunt und verlässlich beschreibt. Dann fügt er einen Satz an, der zur Selbstcharakterisierung passt. "Man darf sich aber die Patiententherapie nicht wegen des ökonomischen Drucks vorschreiben lassen." Schäfer ist ein Macher. Einer, der Ziele hat.

(RP)
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