Leverkusen Die gute Seele der Kleiderkammer

Leverkusen · Seit fast zehn Jahren arbeitet Sylvia Preuhs ehrenamtlich bei der Caritas an der Sandstraße.

 Sylvia Preuhs (links) macht die Arbeit in der Kleiderkammer der Caritas Freude, die Teamarbeit mit ihren Kolleginnen und der kommunikative Austausch mit Besuchern sind ihr sehr wichtig.

Sylvia Preuhs (links) macht die Arbeit in der Kleiderkammer der Caritas Freude, die Teamarbeit mit ihren Kolleginnen und der kommunikative Austausch mit Besuchern sind ihr sehr wichtig.

Foto: Uwe Miserius

Lichterketten sind leider aus, aber Sylvia Preuhs hatte wenige Tage vor Weihnachten einen Tipp für das Mädchen, das einen Karton mit goldenen Christbaumkugeln im riesigen Sortiment der Kleiderkammer gefunden hat. "Bei Tedi gibt es günstig welche. Und dann machst du ein Handy-Foto vom geschmückten Baum und zeigst es mir." Seit fast zehn Jahren ist Sylvia Preuhs die gute Seele der Caritas-Einrichtung an der Sandstraße. Nachdem sie arbeitslos geworden war, wollte sie nicht untätig rumsitzen und fragte bei dem Wohlfahrtsverband nach einer sinnvollen ehrenamtlichen Tätigkeit. Fast zeitgleich wurde nach der Wiesdorfer Kleiderkammer eine Zweigstelle im Haus des Asylantenheims in Opladen eingerichtet, später eröffnete eine dritte in Quettingen. Seitdem ist sie jeden Dienstag und Donnerstag vor Ort, wo es während der Öffnungszeiten zugeht wie im Taubenschlag.

Spender bringen ausrangierte Sachen, manche kommen regelmäßig und bekommen eine herzliche Umarmung. Zeit für kurze persönliche Gespräche muss sein, auch wenn schon die ersten "Kunden" fündig geworden sind und gleichzeitig den Preis für einen Sack mit Wäsche, ein Paar gut erhaltene Sportschuhe oder ein Oberbett erfragen. Es sind keine großen Summen, die Schuhe gibt es für drei Euro, den ganzen Sack für fünf Euro. "Es ist aber wichtig, nicht alles kostenlos abzugeben, wegen der Wertschätzung", erklärt Hieronymus Messing. Er ist bei der Caritas Leverkusen für alle Ehrenamtlichen zuständig, und das sind immerhin 450 Personen, ohne die manches Angebot nicht aufrecht zu erhalten wäre. Die Kleiderkammer gehört dazu. Und die ist nicht nur wichtig für die Versorgung mit Kleidung, Wäsche, Küchengerätschaften und nützlichen Haushaltsdingen bis hin zu Weihnachtsbaumschmuck. Es ist auch ein Ort des Austauschs.

Sylvia Preuhs kennt die rund 100 Personen, zum großen Teil Kinder, die im Haus über dem Kleiderkeller wohnen. Und sie kennt manches Schicksal. Jugendliche haben ihr Handyfotos ihrer zerstörten Heimat gezeigt und von Folterungen im Gefängnis erzählt. "Wenn ich daran denke, bekomme ich Gänsehaut", sagt sie, und vieles verfolgt sie noch im Schlaf. "Jeder hier hat sein Schicksal. Ich versuche, tröstende Worte zu finden, das geht einem ans Herz." Sylvia Preuhs leidet mit, wenn im Haus ein krankes Kind geboren wird oder jemand stirbt. "Das sind alles Menschen", betont sie. "Mein Vater war auch mal Flüchtling aus Ostdeutschland."

Sie ist eine resolute Frau, die sich sehr wohl durchsetzen und laut werden kann, wenn es nötig ist. Sie sagt ganz klar, was geht und was nicht, und wegen ihrer herzlichen rheinischen Art nimmt man ihr nichts übel. "Das ist eben meine Marktfrauenmentalität", beschreibt sie sich selbst. So schnell kann sie nichts aus der Fassung bringen, obwohl sich gerade wieder die abgegebenen Sachen stapeln, dass sie kaum hinter die Theke kommt, vor der bereits Kunden stehen. Alles muss durchgesehen werden, denn etwa 50 Prozent ist beim besten Willen nicht mehr brauchbar und muss entsorgt werden.

Vor zwei Jahren, als die große Flüchtlingswelle kam und in den mittlerweile abgerissenen Unterkünften nebenan bis zu 500 Menschen wohnten, war die Spendenbereitschaft enorm hoch. Allerdings kam da zwischen brauchbaren Dingen noch mehr Müll in den Kleiderkeller. Inzwischen ist es ruhiger geworden, so dass die Öffnungszeiten von drei auf zwei Tagen verringert wurden. Sylvia Preuhs jedenfalls liebt die Arbeit, das Gewusel und die Menschen, denen sie hier helfen kann, mit nützlichen Dingen, offenem Ohr und einem netten Wort. Wie lange sie das noch machen will? "So lange ich laufen kann."

Öffnungszeiten der Kleiderkammern der Caritas:

Wiesdorf, Carl-Leverkus-Straße 16, Montag 9-12 Uhr und 14-17 Uhr, Dienstag 9-12 Uhr und 14-17.30 Uhr, Mittwoch 9-12 Uhr, Donnerstag 9-12 Uhr und 14-17 Uhr.

Opladen, Sandstraße 65, Dienstag und Donnerstag, jeweils von 14 bis 17 Uhr.

(mkl)
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