Leverkusen Die Erfahrung der Langsamkeit

Leverkusen · Mit Tempo 30 von Flensburg bis München - dieser Mofa-/Moped-Mutprobe stellen sich derzeit Mitglieder von 69 Mofaklubs. Auch der Leverkusener Klub "Iron Mofa" ist mit von der Partie für den guten Zweck.

 Matthias Maus, Präsident des "Iron Mofa"-Klubs Leverkusen, präsentiert den goldenen Tank.

Matthias Maus, Präsident des "Iron Mofa"-Klubs Leverkusen, präsentiert den goldenen Tank.

Foto: Miserius Uwe

Das Feuer wirft sein Licht an die Unterseiten der aufgespannten Sonnensegel. Überall sind Bierbänke aufgestellt. Grillgeruch verbreitet sich in dem kleinen Garten eines Hauses in Lützenkirchen. Viele, die auf der Straße In Holzhausen vorbeifahren, schauen neugierig aus dem Auto- oder Busfenster, fangen an zu grinsen. Schließlich sind vor und in der Garage des Hauses, die zur Straße hin aufsteht, eine ganze Reihe Mofas und Mopeds abgestellt. Alte Böcke, die in dieser Form gar nicht mehr hergestellt werden und zumeist nicht mehr als 40 Kilometer pro Stunde auf den Tacho bekommen.

Doch wie kommen die rund 50 motorisierten Zweiräder in eine Einfahrt in Lützenkirchen? Der Mann, der hauptsächlich dafür verantwortlich ist, sitzt auf einer der Bänke im Hinterhof und lächelt. Ben Perdighe rief vor zwei Jahren die "MoMoTo" ins Leben - eine Tour von Mofas und Mopeds, deren Besitzer gemeinsam über Landstraßen von Flensburg bis nach München fahren. Jene Tour machte jetzt auch Halt in Leverkusen. "Es ist eine Art Staffellauf, Klubs in ganz Deutschland organisieren über einige Kilometer eine Etappe", erläutert der Dinslakener.

 "MoMoTo" unterwegs: Die Mofafans aus Leverkusen und der Umgebung samt der beiden Dauer-Tourfahrer legten auf dem Weg nach Bergheim einen Spenden-Sammel-Stopp beim Schürreskarrenrennen in Rheindorf ein.

"MoMoTo" unterwegs: Die Mofafans aus Leverkusen und der Umgebung samt der beiden Dauer-Tourfahrer legten auf dem Weg nach Bergheim einen Spenden-Sammel-Stopp beim Schürreskarrenrennen in Rheindorf ein.

Foto: Uwe Miserius

Ein kleiner goldener Tank dient dabei als Staffelstab. Er ist von oben bis unten mit Aufklebern der verschiedenen Mofaklubs beklebt. Insgesamt 27 Mal wird er weitergegeben. Und es rappelt und raschelt im Inneren. Denn der Tank dient nicht nur als Stab, sondern erfüllt zeitgleich seinen Zweck als Spardose, die nach jeder der Etappen geleert wird.

Gesammelt wird für den guten Zweck. "Vor zwei Jahren waren es rund 1000, diesmal stehen wir schon bei 3000 Euro", betont Perdighe. Das Hauptquartier der Hilfseinrichtung Arche in Berlin, schätzt er, wird sich am Ende der Tour über gut 7000 Euro freuen dürfen. Immerhin sind 69 Klubs an der gemütlichen Tour quer durch Deutschland und den Spenden beteiligt - da kommt einiges zusammen.

Während es die meisten Mofa-/Mopedfans nach der von ihnen ausgetragenen Etappe wieder in die Heimat zieht, gibt es zwei Fahrer, die über die volle Distanz gehen: Sebastian Stark und Michael Hildebrandt. Damit sitzen sie bei rund 30 km/h rund 1000 Kilometer auf "dem Bock" - eine wochenlange Reise. "Wir treffen Menschen aus verschiedenen Regionen, sehen das Land, in dem wir leben, aus einer ganz anderen Sicht", beschreibt Stark den Antrieb der beiden, die in dieser Zeit bei immer neuen Menschen übernachten. Eben auch an der Straße In Holzhausen bei den Grohs.

Gastgeber Martin Groh, Mitglied des "Iron Mofa"-Klubs Leverkusen, hat einen philosophischen Ansatz, die Faszination Mofa zu beschreiben: "Es ist die neue Erfahrung der Langsamkeit", sagt er. Erfahrung ist dabei freilich auch wortwörtlich zu nehmen. Und Groh meint damit ebenfalls eine willkommene Abwechslung in Zeiten, in der viele das Gefühl haben, der Uhrzeiger drehe sich immer schneller.

Daher wird das Mofafahren beliebter, der Gebrauchtmarkt für gute Geräte heizt sich derzeit ein wenig auf. Eine wirklich brauchbare Maschine bekomme man für 600 bis 1000 Euro, sagt die Gruppe. Und die Nachfrage steige an. Die Ehefrau des Gastgebers, Tanja, teilt das Hobby ihres Mannes bedingt, sieht aber vor allem einen Vorteil darin: "Ich weiß immer, was ich ihm schenken kann", sagt sich lächelnd.

"Iron Mofa" ist dem ankommenden Klub "Die Kobras" aus Dinslaken entgegengefahren, gemeinsam ging's nach Lützenkirchen. Der Leverkusener Klub übernimmt die nächste Etappe bis Bergheim-Thorr.

Erst 2019 wird die nächste "MoMoTo" veranstaltet. Sie findet im Zweijahresrhythmus statt. Dann wohl mit noch mehr Teilnehmern und weiteren Stationen in ganz Deutschland.

(brü)
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